Sonneberg: Nadelstich gegen die Demokratie

Die Wahl hat Symbolkraft: Die AfD stellt in Sonneberg erstmals einen Landrat in Deutschland

Es ist schon verrückt, was in Sonneberg geschehen ist. Da macht ein AfD-Kandidat für das Amt des Landrats einen Wahlkampf gegen den Euro, er fordert die Senkung der Mehrwertsteuer oder mehr Abschiebungen. Alles Themen, über die ein Landrat nicht zu entscheiden hat. Umso erstaunlicher ist es, dass Robert Sesselmann trotzdem gewählt wurde. Das lässt tief blicken in der Frage, wie emotional und irrational politische Weichen gestellt werden. Es geht offenbar nicht mehr immer um stichhaltige Argumente. Und wer die Bilder von Sonntagabend gesehen hat, konnte den Eindruck gewinnen, dass es auch gar nicht so sehr um Sesselmann geht. Der AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke und Bundeschef Tino Chrupalla schlachteten den Erfolg für sich aus. Sesselmann wirkte wie eine Marionette.

Die AfD wähnt sich jetzt als Volkspartei, nachdem sie in einem von 294 Landkreisen in Deutschland ein kommunales Spitzenamt errungen hat. Kaum jemand kannte bislang den Landkreis Sonneberg. Dort wird nun ein Rechtsaußen die Kreisverwaltung leiten, dem Kreisausschuss vorstehen oder im Aufsichtsrat von kommunalen Betrieben sitzen. Auch Sesselmann wird an das Gemeinderecht gebunden sein, sein Einfluss überschaubar.

Allerdings kann sich das Szenario von Sonneberg wiederholen. Schließlich hat die AfD viele Hochburgen vor allem im Osten, und im kommenden Jahr gibt es Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die Abstimmung vom Sonntag ist also ein Signal dafür, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung von demokratischen Parteien kaum mehr erreicht wird. Diese Menschen mögen kein geschlossenes rechtes Weltbild haben, aber die AfD profitiert von dieser Unzufriedenheit und setzt Nadelstiche gegen die Demokratie.

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