Heizungsgesetz: weiter lauwarm

Mehr Förderung für Wärme aus Erneuerbaren. Klimaziele werden dennoch verfehlt

Nach monatelangem Hin und Her haben sich die Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP am Dienstag in Sachen Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu den letzten offenen Punkten geeinigt. Das auch Heizungsgesetz genannte Regelwerk soll noch vor der Sommerpause, also bis zum 7. Juli, vom Bundestag verabschiedet werden. Es soll für eine Senkung der CO₂-Emissionen im Gebäudesektor sorgen, indem neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Bisher hatte die Ampel sich nur auf »Leitplanken« verständigt, die von Expert*innen vorige Woche stark kritisiert wurden.

Das Wirtschaftsministerium und das Bauministerium seien gebeten worden, den Gesetzentwurf anzupassen, sodass die Änderungen den Fraktionen vor der letzten Anhörung am Montag zugestellt werden könnten, hieß es am Mittwoch aus Koalitionskreisen. Der neue Text soll erst am Freitag vorliegen. Wichtige Punkte aus der Einigung sind jedoch inzwischen bekannt geworden.

Was wurde bisher kritisiert?

In der letzten Anhörung beanstandeten die Sachverständigen drei Kernpunkte: zu hohe Belastung von Mieter*innen, zu wenig Finanzierungshilfen für Geringverdiener*innen und Nichteinhalten der Klimaziele. Sebastian Bartels vom Berliner Mieterverein bemängelte, der Schutz der Mieter*innen vor einer immensen Mieterhöhung sei bislang unzureichend. Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv) betonte außerdem, jeder Haushalt müsse sich eine neue Heizung leisten können. Das sei bislang nicht gewährleistet. Engelke sprach sich für eine nach Einkommen gestaffelte staatliche Unterstützung bis zur Vollförderung aus, die in den »Leitplanken« noch nicht klar festgelegt sei. Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sagte, mit den »Leitplanken« gebe die Koalition die eigenen Klimaschutzvorhaben im Gebäudesektor auf und letztlich die Klimaziele insgesamt. »Wenn das so verabschiedet wird, ist das ein Rechtsbruch dieser Bundesregierung«, so Metz.

Worauf hat man sich jetzt geeinigt?

Nun ist nach Angaben aus Koalitionskreisen die Frage der Förderung für den Wechsel zu ökologischen Heizsystemen geklärt. In den »Leitplanken« hatte es hierzu keine Aussage gegeben. Jetzt soll es 30 Prozent Zuschuss als Sockel für alle geben, weitere 30 Prozent bei einem Jahreseinkommen von weniger als 40 000 Euro und 20 Prozent für einen frühen Umstieg vor der kommunalen Wärmeplanung, die spätestens 2028 kommen soll. Insgesamt ist die Förderung bei maximal 70 Prozent gedeckelt. So bekämen alle Bürger bis 2028 50 Prozent der Kosten erstattet.

Die Fraktionsspitzen verständigten sich auch darauf, dass die Modernisierungsumlage beim Heizungstausch von acht auf zehn Prozent im Jahr erhöht werden kann, wenn Vermieter*innen staatliche Förderung in Anspruch nehmen. Es gebe aber eine Kappungsgrenze: Die Jahresmiete soll sich durch die neue Heizung um höchstens 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen dürfen. Die Linke-Bundestagsabgeordnete Caren Lay kritisierte am Mittwoch, es gebe hier ein zentrales Schlupfloch: »Führt der Vermieter weitere Modernisierungsmaßnahmen durch, können die Kosten für die Mieter auf bis zu drei Euro pro Quadratmeter anwachsen.« So drohe ihnen eine massive Kostenfalle. Der Deutsche Gewerkschaftsbund dagegen nennt die Nachbesserung »einen soliden Kompromiss«.

Zum Thema Klimaschutz hält die stellvertretende Chefin der DUH, Barbara Metz, auf Nachfrage von »nd« weiterhin an ihrer Einschätzung fest: Trotz Anpassungen werde man mit der Einigung die Klimaziele keinesfalls erreichen, das Gesetz stelle so immer noch einen Rechtsbruch dar.

Der Energieexperte und Journalist Malte Kreutzfeldt urteilte am Mittwoch, mit dem Kompromiss blieben neue Gasheizungen »vielerorts möglich«. Sie würden aber »wirtschaftlich noch unattraktiver, weil zum steigenden CO₂-Preis und zu den steigenden Netzentgelten jetzt noch eine Pflicht zur Nutzung von teurem Biogas dazukommt«. Zugleich würden Wärmepumpen durch die ausgeweitete Förderung für Normalverdiener und Schnellentscheider sowie die veränderte Modernisierungsumlage noch attraktiver.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -