Auflösung der Klimastiftung kommt nicht voran

Schwerin: Trotz Landtagsbeschluss zur Abwicklung der Kooperation mit Gazprom-Tochter existiert das Konstrukt weiter

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 4 Min.
Das »Blue Ship« der Klimastiftung MV im Faehrhafen Mukran. Der Frachter wurde 2021 von der Stiftung erworben, um die Gaspipeline Nord Stream 2 trotz der internationalen Sanktionen fertigzustellen.
Das »Blue Ship« der Klimastiftung MV im Faehrhafen Mukran. Der Frachter wurde 2021 von der Stiftung erworben, um die Gaspipeline Nord Stream 2 trotz der internationalen Sanktionen fertigzustellen.

Seit ihrer Gründung war die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV heftiger Kritik ausgesetzt. Vor allem den Grünen im Schweriner Landtag und den namhaften Umweltverbänden galt sie als »Tarnorganisation«, um in Wahrheit nur die Fertigstellung der Gasleitung Nord Stream 2 zu fördern und mögliche US-Sanktionen zu umgehen.

Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beschloss der Schweriner Landtag einerseits die Auflösung der Stiftung und setzte andererseits einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein. Das Gremium soll ermitteln, wer bei der Stiftungsgründung welche Rolle spielte und welche Rechtsgüter dabei eventuell verletzt wurden. Die Abwicklung der Einrichtung erweist sich indes als kompliziert. Jetzt scheiterte Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) mit dem Vorhaben, einen Auflösungsbeauftragten einzusetzen.

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Die Stiftung war Anfang 2021 gegründet worden. In einem Rückblick auf deren bisheriges Wirken verteidigte ihr Vorsitzender, der frühere Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns Erwin Sellering (SPD), die Einrichtung nach wie vor vehement. Er bezweifelt zudem, dass eine Auflösung rechtlich möglich ist. Die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatskonzern zur Erfüllung des »zeitweiligen Nebenzwecks« der Einrichtung, des Baus von Nord Stream2, sei »endgültig und vollständig beendet«.

Der Druck, diesen Schritt zu gehen, kam seinerzeit von der Bundesregierung. Der Terminus »Nebenzweck« mag mancherorts Heiterkeit oder Kopfschütteln ausgelöst haben, denn die Unterstützung der Pipeline-Fertigstellung, die nie kam, war eher »Hauptzweck«, hübsch umrankt von allerlei netten Umweltaktivitäten. Der Landtag beschloss schließlich die Auflösung der Stiftung. Bei einem Treffen mit Parlamentspräsidentin Hesse hatten sich auch die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen dafür ausgesprochen.

Doch nun lehnten die Oppositionsfraktionen AfD, CDU und Grüne den Vorschlag von Hesse ab, einen Auflösungsbeauftragten einzusetzen. Das wurde bei einem Treffen der Fraktionsspitzen mit Hesse am Rande einer Landtagssitzung deutlich, über das am Montag der NDR berichtete. CDU und Grüne befürworten zwar die Auflösung der Stiftung, wollen aber, dass Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) persönlich sie in die Wege leitet und den Stiftungsvorstand abberuft. Die AfD hält eine Auflösung für unnötig.

Stiftungsvorstand Sellering hatte am Freitag in einem Brief an den Ausschussvorsitzenden Sebastian Ehlers (CDU) beklagt, in dem Gremium werde versucht, aus dem Einmarsch Russlands in die Ukraine »parteipolitisch Kapital« zu schlagen. Dies gelte auch für Vorwürfe im Zusammenhang mit der Errichtung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der Stiftung. »Der gesamte Einsatz der Landesregierung für die Pipeline erfolgte in aller Offenheit«, betonte Sellering mit Blick auf die Unterstützung des Nord-Stream-Baus durch die Politik. Bis 2021 hatte die SPD in Schwerin zusammen mit der CDU regiert.

Sellering verwies darauf, dass der Landtag die Gründung der Stiftung einstimmig beschlossen – und dass MV dabei durch den Beschluss des Bundestags zur Umsetzung der EU-Gasrichtlinie Rückendeckung gehabt habe. Dies habe Planungssicherheit hergestellt. Ehlers hatte in einem vorangegangenen Schreiben darauf beharrt, dass die Stiftung dem Ausschuss ungeschwärzte Vorstandsprotokolle sowie Verträge mit den beim Bau der Pipeline eingesetzten Dienstleistern und Lieferanten zur Verfügung stellen solle.

Zuletzt sorgte vergangene Woche Innenminister Christian Pegel (SPD) im Zusammenhang mit der Stiftung für Schlagzeilen. Der Untersuchungsausschuss wirft ihm vor, wichtige E-Mails mit Bezug zur Stiftung gelöscht zu haben. Pegel, der bis zum Herbst 2021 Landesenergieminister war, weist dies zurück. Er betonte, es seien regelmäßig Mails gelöscht worden, um Speicherplatz zu sparen. »Veraktungsrelevante E-Mails« seien aber aufbewahrt und dem Ausschuss zur Verfügung gestellt worden. Der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm erklärte hingegen, in den bereitgestellten Unterlagen seien Mails aufgetaucht, die von Behördenmitarbeitern als relevant eingestuft wurden, nicht aber von Pegel: »Dass diese Mails von ihm gelöscht wurden, ist ein Skandal.« Pegel hat nach eigenen Angaben die Stiftungssatzung verfasst. Die Opposition vermutet massiven Einfluss der Gazprom-Tochter Nord Stream 2, die die Stiftung maßgeblich finanziert hat.

Unterdessen hat die Landesregierung am Dienstagnachmittag eingeräumt, dem Untersuchungsausschuss doch noch nicht den vollständigen Schriftverkehr zu den untersuchten Vorgängen vorgelegt zu haben. Wie Wirtschaftsstaatssekretärin Ines Jesse in Schwerin mitteilte, brachte eine nochmalige Abfrage in den für Verkehr und Energie zuständigen Fachbereichen weitere Daten zum Vorschein. Es handele sich unter anderem um Vorgänge im Zusammenhang mit einem Rostocker Hafenunternehmen, das am Bau von Nord Stream 2 beteiligt war, sowie zur Genehmigung des Pipelinebaus und zur Gründung der Wasserstoff-Hanse.

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