Tesla fährt Werk mit angezogener Handbremse hoch

Unterlagen für geplante zweite Ausbaustufe der Autofabrik liegen seit Mittwoch in Rathäusern und Verwaltungen aus

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Der US-Konzern will seine Autofabrik in Grünheide (Oder-Spree) erweitern. Die Kapazitäten für die Produktion von Elektroautos sollen von 500 000 auf eine Million Stück pro Jahr ausgebaut werden. Dazu soll auf dem Betriebsgelände eine neue große Halle entstehen und es sind Änderungen der bereits vorhandenen Produktionsanlagen vorgesehen. Am Dienstagabend informierte Tesla in der Müggelspreehalle von Grünheide über die Pläne. Hunderte interessierte Anwohner hörten sich das an.

Seit Mittwoch liegen die Unterlagen zur begehrten Genehmigung aus: In den Rathäusern von Grünheide und Erkner, in der Bauverwaltung des Amtes Spreenhagen, im Umweltdezernat der Kreisverwaltung in Beeskow und im Landesumweltamt in Frankfurt (Oder). Bis zum 18. September können Bürger die Dokumente einsehen und Einwendungen machen, die dann voraussichtlich am 23. Oktober in der Stadthalle von Erkner erörtert werden. Die Belegschaft soll von rund 11 000 auf 22 500 Beschäftigte aufgestockt werden.

Das begrüßt Dirk Schulze prinzipiell. Neue Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie sind dem Bezirksleiter der Gewerkschaft IG Metall willkommen. Die Ankündigung, die ein klares Bekenntnis zum Standort Brandenburg sei, stehe allerdings »in krassem Widerspruch zu dem, was die Beschäftigten vor Ort gerade erleben«. Trotz erheblicher Krankenstände werde in erheblichem Umfang Personal abgebaut, berichtet Schulze. »Da die Produktionsziele jedoch nicht nach unten korrigiert werden, steigt der Druck auf die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen. Allein im letzten Monat sind unseren Informationen zufolge fast 200 Stammbeschäftigte gekündigt worden oder haben Aufhebungsverträge unterschrieben. Dazu sind im mittleren dreistelligen Bereich Leiharbeitskräfte abgemeldet worden.« Viele hatten laut Schulze seit Monaten »jede Sonderschicht mitgemacht, da sie auf eine Festanstellung hofften«. Vor dem Ausbau des Werks müssten nun endlich bessere Arbeitsbedingungen Priorität haben, meint der Gewerkschafter.

»Tesla ist kein guter Arbeitgeber«, bedauert auch der Landtagsabgeordnete Thomas Domres (Linke). Dies zu untermauern, bedarf es für ihn keiner langen Erklärungen: »Wer in Größenordnungen Leiharbeiter rausschmeißt und Betriebsratswahlen ein Stück weit konterkariert, kann kein guter Arbeitgeber sein.« Dass sich Tesla-Boss Elon Musk für die Anfang 2022 eröffnete Fabrik eine zweite und dritte Ausbaustufe wünscht, war bereits angesagt, bevor die Bauarbeiten 2020 begannen. In einem für die Bundesrepublik unglaublichen Tempo wurde das Werk hochgezogen. Tesla baute in Grünheide mit dem Risiko, dass noch keine abschließende Genehmigung vorlag. Wäre die Erlaubnis am Ende versagt worden, hätte der Konzern die Gebäude auf eigene Kosten wieder abreißen müssen.

Der Abgeordnete Domres hofft, dass die Zeiten vorgezogener Baumaßnahmen vorbei sind und diesmal ein geordnetes Verfahren anläuft. Er würde es begrüßen, wenn Tesla aus Fehlern gelernt hat. Danach sehe es ja aus, wenn der Konzern jetzt auf die Anwohner zugehe und sie informiere. »Dann hoffe ich sehr, dass der Euphorie nicht irgendwann Enttäuschung und Ernüchterung folgt, weil natürlich eine Werkserweiterung mehr Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt.« Die Wasserfrage ist für den Politiker nach wie vor offen. Zwar hat Tesla jetzt vor, das in der neuen Halle verbrauchte Wasser zu 100 Prozent aufzubereiten und nicht mehr in eine Kläranlage abzuleiten. Die Autofabrik bräuchte damit kein zusätzliches Wasser. Das wäre in der Region auch gar nicht mehr aufzutreiben. Tesla beharrt aber auf den 1,8 Millionen Kubikmetern Trinkwasser jährlich, die der Wasserverband Strausberg-Erkner für die erste Ausbaustufe vertraglich zugesichert hat.

Der Bürgerinitiative Grünheide wäre es aber recht, wenn Tesla von dieser Menge etwas abgibt. Das sagt Sprecher Steffen Schocht, der auch in der Grünen Liga aktiv ist. Denn für weitere Ansiedlungen von Industrie und Gewerbe werde das Wasser zusehends knapp, wird Schocht von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Eigentlich fehlt es auch schon für Privathaushalte in der von Zuzug geprägten Region im Berliner Umland. Wohnungen, Kitas und Schulen werden dringend benötigt, wie Sozialist Domres erinnert. Der FDP-Landesvorsitzende Zyon Braun nennt dann dazu noch Straßen.

Beantragt hat Tesla nun auch weitere Pfahlgründungen, die als Gefahr für das Grundwasser angesehen werden.

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