- Politik
- Eklat um US-Lobbyistin
Vive la France
Fiona Scott Morton (USA) wird doch nicht EU-Wettbewerbshüterin
Großes Aufsehen war von den Urhebern ihrer Ernennung absolut nicht beabsichtigt: Nach einer von den Brüsseler Dienern der transatlantischen Sache unauffällig auf die Bewerberin angepassten Ausschreibung durfte sich Fiona Scott Morton bereits an einer der wichtigsten Schaltstellen im Apparat der europäischen Staatenunion sehen. Als Chefökonomin in der Wettbewerbsdirektion der EU-Kommission. Dort wacht man darüber, dass die wirtschaftlichen Interessen der EU-Staaten nicht von konkurrierenden Konzernen, etwa aus Übersee, überfahren werden.
Die brisante Personalie war den Kommissaren von ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen dezent untergeschoben worden. Die einmal aus Berlin nach Brüssel weggelobte Europäische-Werte-Phrasendrescherin hatte eine obligatorische Zulassungsvoraussetzung unter den Tisch fallen lassen. Danach kommen für Posten auf höchster Ebene der EU-Administration nur Bürger ihrer Mitgliedsstaaten in Frage. Darauf hat der deutsche EU-Abgeordnete Martin Sonneborn von der Partei Die Partei hingewiesen. Im Fall Scott Morton sei die Bedingung »wie durch Zauberhand« verschwunden.
Im Kleingedruckten wurde gut versteckt, dass die US-Ökonomin ihre Millionen bisher mit Consulting für die Tech-Giganten Microsoft und Apple, den Pharmariesen Pfizer oder die Handelskrake Amazon gemacht hat. Die 56-jährige Volkswirtschaftlerin lehrt ansonsten in Yale zum ökonomischen Wettbewerb und war unter Präsident Obama als Kartellwirtschaftsexpertin beim US-Justizministerium tätig.
Unterschätzt hat die Kommissionschefin, dass für Paris das Brüsseler Ziel »strategischer Autonomie« – die Wahrung eigener Interessen der EU angesichts einer offensiv protektionistischen USA – keine leeren Worte sind. Am Dienstag äußerte sich Frankreichs Präsident Macron »skeptisch« zur Nominierung von Scott Morton – eine rhetorische Ohrfeige für von der Leyen und ein Machtwort. Am Tag darauf gab die US-Lobbyistin den EU-Job wieder zurück.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.