Kein Plan für Atommüll

Die Endlagerung von radioaktiven Abfällen bleibt ungeklärt

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Suche nach einem Endlager für den hoch radioaktiven Atommüll verzögert sich um viele Jahre. Die hier federführende Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hatte kürzlich bekannt gegeben, dass der Standort statt wie im Gesetz vorgesehen nicht 2031, sondern frühestens 2046 feststehen wird. Ein anderes Szenario sieht sogar einen Zeitkorridor bis 2068 vor. Die Debatte greift viel zu kurz, sagen Atomkraftgegner. Sie sorgen sich um den Verbleib der schwach- und mittel-radioaktiven Abfälle und wollen das Thema deshalb mehr in den Fokus rücken.

Der Umgang mit dieser Kategorie Atommüll sei »ein großes, bisher wenig diskutiertes Problem«, sagt der Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Weder die BGE mit Sitz in Peine noch das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) packten die Sache richtig an. Beim geplanten Endlager für hoch radioaktiven Müll beaufsichtigt das BASE den Suchprozess und organisiert die Beteiligung der Öffentlichkeit.

Für einen Teil der angefallenen und noch anfallenden schwach- und mittel-radioaktiven Abfälle ist bislang das frühere Eisenerzbergwerk Schacht Konrad vorgesehen. Die Grube wird von der BGE umgebaut und darf laut Genehmigungsbescheid bis zu 303 000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Ob Schacht Konrad jemals in Betrieb geht, ist aber offen. Denn die Umweltverbände BUND und Nabu haben beim niedersächsischen Umweltministerium den Widerruf der Genehmigung beantragt, weil sie nicht mehr dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspreche.

Ein breites Bündnis, das vom Salzgitteraner CDU-Oberbürgermeister Frank Klingebiel über das Landvolk bis zur IG Metall in der Region reicht, unterstützt den Vorstoß. Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) will bis Jahresende über den Antrag entscheiden.

Für die schwach- und mittel-radioaktiven Abfälle, die aus dem maroden Bergwerk Asse bei Wolfenbüttel geborgen werden sollen sowie für die Rückstände aus der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau wäre im Schacht Konrad überdies gar kein Platz. Abgereichertes Uran aus Gronau wurde in der Vergangenheit nach Russland transportiert. Im russischen Atomkomplex Novouralsk war kürzlich ein Fass mit Uran explodiert, das möglicherweise aus Deutschland stammt.

Das Volumen allein dieser Abfälle aus der Asse und Gronau beläuft sich Schätzungen zufolge auf bis zu 300 000 Kubikmeter. Diese Menge, die nicht im Schacht Konrad eingelagert werden dürfe, müsse wohl am künftigen Standort des Endlagers für hochradioaktiven Müll in ein »Kombilager« unter Tage verfrachtet werden, sagt Wolfgang Ehmke. Sollte dieses Kombilager nicht zu realisieren sein, ist allerdings auch denkbar, dass für den Asse- und Gronau-Müll ein eigener Standort gesucht und gefunden werden muss. Vorausgesetzt, Schacht Konrad geht doch in Betrieb, gäbe es in der Bundesrepublik insgesamt drei dauerhafte Lagerstätten für radioaktive Abfälle.

Auf diese Situation müssten sich auch die Menschen an allen Zwischenlagern einstellen, sagte Ehmke. In Gorleben gebe es beispielsweise neben der Castorhalle mit 113 Behältern auch ein Zwischenlager für schwach- und mittelaktive Abfälle. In Fässern, Betonbehältern und Containern lagern dort radioaktive Rückstände vor allem aus Atomkraftwerken. Seit Bestehen der Halle im Jahr 1984 komme es zu Feuchtigkeit und Korrosionserscheinungen.

»Der Müll aus diesem Lager fließt nicht ab«, berichtet Ehmke. »Er muss ebenfalls dauerhaft sicher zwischengelagert werden, wahrscheinlich deutlich länger als gedacht, weil der Schacht Konrad nicht zur Verfügung steht.« BASE und BGE seien gut beraten, vom Scheitern des Konrad-Projekts auszugehen, betont Ehmke. Sie müssten bei der Standortsuche auch den Umgang mit den schwächeren Abfällen auf dem Radar haben, statt Ziele zu setzen, die dann nicht eingehalten werden könnten.

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