Kuba steht für ein anderes Modell

Delegation von Linkspartei und Cuba Sí macht Havanna rund um Revolutionsfeierlichkeiten ihre Aufwartung

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 4 Min.
Bei der Übergabe der Sachspenden von Cuba Sí in der Entbindungsklinik »Ramón González Coro«
Bei der Übergabe der Sachspenden von Cuba Sí in der Entbindungsklinik »Ramón González Coro«

Tobias Bank zeigt sich gegenüber »nd« positiv überrascht von dem, was er in Kuba angetroffen hat. Nach allem, was er im Vorfeld gehört und gelesen hat, hätte er einen größeren Mangel und längere Schlangen vor den Geschäften erwartet, sagt der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei in Havanna, gibt aber zu, in der Kürze der Zeit nur einen Ausschnitt gesehen zu haben.

Zehn Tage lang ist Tobias Bank gemeinsam mit der Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und weiteren Vertreter*innen der Linkspartei und von Cuba Sí zu Besuch auf Kuba gewesen. Der Anlass: Die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Sturms auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953, wiewohl ein Fehlschlag, so doch der Startschuss der Kubanischen Revolution, die am 1. Januar 1959 mit der Machtübernahme in Havanna gekrönt wurde. Dabei hat die Delegation in Havanna und Santiago de Cuba ein eng getaktetes Programm absolviert, Institutionen wie das Finlay-Institut besucht, das hochmoderne Wissenschaftszentrum in Havanna, das sich mit der Erforschung und Herstellung von Impfstoffen befasst und sich mit zahlreichen kubanischen Politikern und Parlamentariern ausgetauscht.

»Die Reise ist lange geplant worden, und es ist bewusst die hochrangigste Delegation, die wir je geschickt haben«, sagt Bank. »Wir haben diesen Zeitpunkt ausgewählt, weil die US-Blockade weiterhin intakt ist und US-Präsident Joe Biden sein Wahlkampfversprechen, Sanktionen abzubauen, noch nicht geliefert hat.« Die US-Blockadepolitik und Kubas Listung als terrorunterstützender Staat durch die US-Regierung greifen Kubas Existenz an, sagt Bank. Der damalige US-Präsident Donald Trump hatte Kuba wieder in die Liste jener Länder aufgenommen, die nach Ansicht der US-Regierung »Terrorismus fördern«. Dadurch werden Handel und Kreditvergabe für Kuba automatisch weiter eingeschränkt.

»Im Zweifelsfall sterben hier Menschen, weil medizinische Versorgungsgüter nicht ins Land gelangen«, sagt der Linke-Politiker. Es sei wichtig, dazu eine Haltung einzunehmen. »Das heißt nicht, dass wir nicht auch Kritik üben. Das machen wir. Aber Kuba ist ein Land, das für ein anderes Gesellschaftsmodell steht und das unterstützen wir.« Es gehe keineswegs darum, Kuba zu romantisieren, sagt Bank, aber es sei schon beeindruckend, »wie diese kleine Insel allen Widrigkeiten trotzt«.

Ein besonderes Augenmerk liege auf praktischer humanitärer Hilfe. So hat die Delegation von Cuba Sí gesammelte Sachspenden, darunter hochwertige Beatmungs- und Analysegeräte sowie Ersatzteile für medizinisches Gerät, der Frühchen-Station in der Entbindungsklinik »Ramón González Coro« in Havanna übergeben und ein von Cuba Sí unterstütztes Landwirtschaftsprojekt vor den Toren Havannas besucht. Schließlich überreichten die Linke-Politiker*innen der Tamara-Bunke-Schule einen symbolischen Scheck in Höhe von fast 25 000 Euro. Die Spende war auf Initiative des mittlerweile verstorbenen Vorsitzenden des Ältestenrates der Partei Die Linke, Hans Modrow, zu dessen 95. Geburtstag Ende Januar gesammelt worden.

Hans Modrow ist denn auch das Stichwort für Bank, der auf Modrows Kuba-Verbundenheit und die langjährige Tradition der Kuba-Arbeit in der Linkspartei hinweist. »Deshalb ist wichtig, dass wir hier sind, um nach Hans Modrows Tod deutlich zu machen: Es ist nicht vorbei, wir gehen den Weg gemeinsam weiter und machen den nächsten Schritt.«

Dabei hatte es nach dem Sitzstreik von Kulturschaffenden vor dem kubanischen Kulturministerium am 27. November 2020 und vor allem nach den landesweiten Protesten im Sommer 2021 auch in der Linkspartei durchaus Kontroversen zum Umgang mit Kuba gegeben. »Wir haben eine klare Beschlusslage im Parteivorstand«, sagt Bank. »Wir stehen an der Seite der kubanischen Bevölkerung und seiner Revolution.«

Wie das in der Zukunft konkret aussehen wird, soll im Anschluss an die Reise auch im Parteivorstand diskutiert werden. Man werde schauen, wie die Kooperation durch Cuba Sí noch besser unterstützt werden kann, sagt Bank. »Wir werden prüfen, ob wir im Bereich Politische Bildung eine bessere Zusammenarbeit hinkriegen«, ohne dass es da bereits konkrete Pläne gibt. »Und wir werden schauen, wo wir auf EU-Ebene möglicherweise den einen oder anderen Akzent setzen können, um Kuba zu unterstützen bei seinen Bemühungen, von der US-Terrorliste gestrichen zu werden.« Auch Kubas Streben nach Energieunabhängigkeit und die geplante Umstellung auf komplett erneuerbare Energien verdiene Unterstützung findet Bank. Ansatzpunkte gibt es also zur Genüge.

Auslandsreisen wie die nach Kuba bleiben für Bank trotz der willkommenen Abwechslung aber die Ausnahme. »Meine Aufgaben liegen woanders. Hier (auf Kuba, Anm.) repräsentieren wir die Partei, aber ich bin eher in Deutschland in unseren Basisorganisationen und Strukturen unterwegs. Das ist mir in der aktuellen Situation der Linken wichtiger.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.