EU-Kommission schenkt Ägypten zwei Patrouillenschiffe

Das Land soll nach tunesischem Vorbild zum Türsteher Europas werden

Die Regierung in Kairo erhält zwei neue Schiffe für ihre Küstenwache. Eine entsprechende Ausschreibung im Wert von 23 Millionen Euro hat die EU-Kommission im Mai veröffentlicht. Das bestätigt der Nachbarschaftskommissar Olivér Várhelyi in der Antwort auf eine Anfrage der EU-Abgeordneten Özlem Demirel. Die Mittel stammen demnach aus dem Fonds NDICI, mit dem die Nachbarschaftspolitik der EU finanziell unterstützt werden soll. Als Zweck gibt die Kommission »Grenzmanagement sowie Such- und Rettungseinsätze« an. Außerdem erhält Ägypten Wärmebildkameras, Satellitenortungssysteme und anderes Überwachungsgerät.

Mit den Schenkungen will die Kommission Ägypten zum neuen Partner in der Migrationsabwehr aufbauen. 2021 hatte die Regierung dazu eine »Liste von Grenzschutzausrüstungen« nach Brüssel geschickt. Zu deren Verhandlung reiste die EU-Migrationskommissarin Ylva Johansson anschließend in die ägyptische Hauptstadt, 2022 folgte ein Besuch der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

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Noch in diesem Jahr will die Kommission eine »Operative Partnerschaft zur Bekämpfung des Menschenschmuggels« mit Ägypten abschließen. Einen solchen Deal hatte kürzlich Tunesien als erstes afrikanisches Land mit der EU unterzeichnet. Allerdings verstößt diese »Partnerschaft« gegen EU-Verträge. Denn eigentlich hätte die Kommission vor Abschluss des Vertrages mit Tunesien die Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten einholen müssen.

Ägypten rüstet auch seine Landgrenzen mit EU-Mitteln auf. Hierzu hat die Kommission dem Land weitere 87 Millionen Euro zugesagt – ein deutlicher Aufwuchs gegenüber Plänen aus dem vergangenen Jahr, die noch 57 Millionen Euro vorsahen. Zum »Schutz von Flüchtlingen, Asylbewerbern und Migranten« erhält die Regierung in Kairo zusätzliche 23 Millionen Euro.

Hinzu kommen 20 Millionen für die Aufnahme von Menschen, die wegen des Bürgerkrieges aus dem Sudan geflohen sind. Vor zwei Monaten hat die ägyptische Regierung die Bedingungen für vertriebene Sudanesen allerdings drastisch verschärft, denn für den Grenzübertritt müssen diese nun ein Visum beantragen. Seitdem sitzen Tausende unter katastrophalen humanitären Bedingungen an der Grenze fest, schreibt die Organisation Human Rights Watch.

Einer Stationierung von Frontex in Ägypten verschließt sich die dortige Regierung weiter. Bereits 2007 hatten die EU-Staaten ihre Grenzagentur mit der Aushandlung einer Arbeitsvereinbarung mit Kairo beauftragt, dazu kam es bislang aber nicht. Jedoch koordiniert Frontex »gemeinsame Rückführungsaktionen« von abgelehnten Asylsuchenden nach Ägypten.

Mit rund 108 Millionen Einwohnern gehört Ägypten zu den EU-Nachbarn mit der größten Bevölkerung. Ein Drittel von ihnen ist unter 24 Jahre alt. Viele von ihnen suchen eine bessere Zukunft in Europa und überqueren dafür das Mittelmeer mit Booten. Nach Angaben der Kommission hat sich die Zahl dieser irregulären Einreisen in die EU im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr versechsfacht.

Die meisten Grenzübertritte von ägyptischen Staatsangehörigen erfolgen in Italien. Allerdings fahren diese vorwiegend aus Libyen ab, bestätigt die Kommission: Nicht einmal ein Prozent der Überfahrten starteten demnach von ägyptischen Küsten. Das gilt auch für Geflüchtete aus anderen Ländern, nachdem diese Ägypten als Transitland durchquert haben.

Allerdings wird auch die Fluchtroute über Libyen zunehmend verschlossen: In den letzten Jahren hat Ägypten seine militärische Grenzüberwachung zum Nachbarland deutlich verstärkt. Flüchtende sind deshalb vermehrt auf Helfer angewiesen, die ebenfalls von mehr Verfolgung betroffen sind. Das 2016 erlassene »Gesetz Nr. 82 zur Bekämpfung der illegalen Migration und der Schleusung von Migranten« ermöglicht den Behörden das schärfere Vorgehen gegen jede Art von Fluchthilfe.

Auch Geflüchtete werden auf diese Weise kriminalisiert, bestätigt der Menschenrechtsanwalt Muhammad Al Kashef, der im Projekt Alarmphone und bei der Kampagne Abolish Frontex aktiv ist: »Tausende Menschen wurden aufgrund des Gesetzes Nr. 82 wegen ihres Versuchs, das Land irregulär zu betreten oder zu verlassen, verhaftet.« Die schlechte Menschenrechtsbilanz Ägyptens werde durch die neue Partnerschaft mit der EU noch verstärkt, so Al Kashef zu »nd«.

Nicht jede Migration aus Ägypten ist in Europa unerwünscht. Die EU-Staaten wollen von ausgebildeten Fachkräften aus Ägypten profitieren und deren Einreise erleichtern. Ägypten gehört deshalb zu den prioritären Ländern, die für eine sogenannte Talentpartnerschaft gewonnen werden sollen. Die Verhandlungen dazu hat die Kommission im Juni begonnen.

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