- Wirtschaft und Umwelt
- Digitalwährung mit Iris-Scan
Kenia wehrt sich gegen Worldcoin
Polizei durchsucht Lagerhaus der neuen Kryptowährung
Laut kenianischen Medien hat die Polizei am Wochenende ein Lagerhaus der Kryptowährungsfirma Worldcoin in Nairobi durchsucht und Dokumente sowie Geräte beschlagnahmt. Vergangene Woche hatte die Regierung das Geschäft des Start-ups im Land bereits wegen Datenschutzbedenken gestoppt. Es sei unklar, wie die Firma mit den gesammelten biometrischen Daten verfahre, sagte der Innenminister Kithure Kindiki zur Begründung.
Worldcoin ist ein Projekt des Unternehmers Sam Altman, der auch die Firma OpenAI gegründet hat. Bekannt wurde Altman mit dem auf künstlicher Intelligenz basierenden Textprogramm Chat GPT. Worldcoin soll von verschiedenen bekannten Investoren insgesamt 100 Millionen Dollar erhalten haben.
Die Digitalwährung war vergangene Woche an den Start gegangen. Angeblich haben sich seitdem 2,1 Millionen Menschen weltweit bei Worldcoin angemeldet. Für eine Registrierung müssen Worldcoin-Nutzer ihre Iris scannen lassen und erhalten dafür 25 Bons der Kryptowährung im Wert von umgerechnet 41 Euro. Dieser Iris-Scan ist derzeit in 34 Ländern möglich, darunter sind Indonesien, Frankreich, Japan, Deutschland, Spanien und das Vereinigte Königreich.
Mit dem Krypto-Token von Worldcoin sollen die Nutzer im Internet ihre Identität nachweisen können. Altman will auf diese Weise ein neues globales »Identitäts- und Finanznetzwerk« schaffen und dem zunehmenden Einsatz von sogenannten Bots in sozialen Medien entgegenwirken. Zudem sollen die Nutzer darüber ein Grundeinkommen erhalten. Dabei soll künstliche Intelligenz helfen, die laut dem Firmengründer Altman viele Jobs in Zukunft automatisieren könnte.
Kenia ist der erste afrikanische Staat, wo Worldcoin verfügbar sein sollte. Das Land sei von der Firma ausgesucht worden, weil dort der IT-Bereich boomt und mehr als vier Millionen Kenianer bereits mit Kryptowährungen handeln.
Tausende Menschen hatten sich zum Rollout in der Hauptstadt Nairobi vor eigens dafür eingerichteten Registrierstellen versammelt. In Kenia gilt ein Drittel der Bevölkerung als arm, die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch.
Auch die kenianische Datenschutzbeauftragte Immaculate Kassait ist laut den Berichten skeptisch gegenüber der biometriebasierten Digitalwährung. Die Firma Tools for Humanity, die Muttergesellschaft von Worldcoin, habe bei der Registrierung ihre wahren Absichten nicht offengelegt. Datenschützer befürchten, dass sensible Daten, die beim Scannen der Iris einer Person erfasst werden, in falsche Hände geraten könnten oder die Firma diese anderweitig nutzt. Nach kenianischem Recht haben Einzelpersonen ein Recht darauf, dass ihre persönlichen Daten nicht unnötig abgefragt oder offengelegt werden.
In den kommenden zwei Jahren will Worldcoin eine Milliarde Menschen registriert haben. Auch in Europa steht die Firma deshalb unter Beobachtung. Die französische Datenschutzbehörde erklärte vergangene Woche, das Sammeln und Speichern biometrischer Daten sei »fraglich«. In der EU ist das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht die federführende Behörde für die Prüfung der Datenschutzbestimmungen bei Worldcoin.
Auch das Bundesinnenministerium hat vor Sicherheitsrisiken bei dem Start-up gewarnt. »Als lebenslanges Identifizierungsmerkmal sind Retina oder Iris des Auges nicht zielführend, weil sie durch Unfall oder Erkrankung als Authentisierungsmittel unbrauchbar werden können«, erklärte eine Ministeriumssprecherin gegenüber dem »Spiegel«. Diese biometrischen Daten könnten »im Falle eines Datenleaks nicht mehr als sicher angesehen werden«.
Das Internetmagazin Golem berichtet, dass Worldcoin auch von der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht untersucht wird. Die Tools For Humanity GmbH verfüge demnach über keine Erlaubnis der Finanzbehörde. Ob die Firma allerdings erlaubnispflichtige Tätigkeiten ausübt, lasse sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen.
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