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Terminal-Bedarf kaum zu begründen
Gasspeicherverband Ines: Neue LNG-Terminals auch bei kaltem Winter nicht zwingend
Eine Gretchenfrage deutscher Energiepolitik lautet derzeit: Wird das umstrittene Terminal für Flüssigerdgas (LNG) auf Rügen noch für diesen Winter gebraucht, um die Gasversorgung zu sichern? Die Ampel-Regierung bejaht das bekanntlich. Sie drückte noch vor der Sommerpause den Bau eines schwimmenden Terminals in der Prorer Wiek vor Rügen im sogenannten LNG-Beschleunigungsgesetz durch den Bundestag. Und zwar einschließlich eines festen Anlandeterminals im ehemaligen Fährhafen Mukran auf Rügen und einer neuen Unterwasserleitung nach Lubmin auf dem Festland. Dort warten die einst für die Nord-Stream-Pipelines geschaffenen Gasfernleitungen darauf, wieder befüllt zu werden.
Den Bedarf für das Rügener Terminalprojekt zu begründen, fiel auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beim Gesetzesbeschluss Anfang Juli nicht leicht. Denn zu dem Zeitpunkt waren die deutschen Gasspeicher schon zu über 80 Prozent gefüllt, wie der Minister einräumte. Damit komme Deutschland sehr gut durch den Winter, sagte Habeck.
Inzwischen sind die Speicher sogar schon zu über 90 Prozent voll, wie der Gasspeicherverband Ines (Initiative Energien Speichern e. V.) am letzten Donnerstag bekannt gab. Dabei sind von Januar bis Juli dieses Jahres, so die weiteren Angaben, die europäischen Kapazitäten für LNG-Importe von täglich acht Terawattstunden teilweise nur zur Hälfte in Anspruch genommen worden. Das betraf auch Deutschland, wo eine LNG-Importkapazität von schätzungsweise bis zu einer halben Terawattstunde ungenutzt blieb.
Wird der kommende Winter in Deutschland eher normal – Maßstab ist hier das Jahr 2016 –, reicht das Gasaufkommen laut Ines aus, um ohne Probleme durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Die gesetzlichen Vorgaben zum Füllstand der Speicher werde man sogar übertreffen, erklärte Ines-Geschäftsführer Sebastian Bleschke. Sorgen würde der Branche nur ein extrem kalter Winter bereiten, das Maßstabsjahr ist hier 2010. In diesem Fall könne es Anfang kommenden Jahres zu einer sogenannten Gasmangellage kommen, sagte Bleschke.
In dem Zusammenhang wies der Ines-Chef darauf hin, dass eine Gasmangellage nicht das Ende von Gaslieferungen bedeutet. Die Lage sei dadurch gekennzeichnet, dass die Großhandelspreise für Erdgas so stark steigen, dass sich bestimmte industrielle Produktionen sowie die Verstromung von Gas nicht mehr lohnen.
Um unter diesen Vorzeichen die gewohnte Versorgung mit Gas zu sichern, spricht sich der Speicherverband dafür aus, den Fokus auf die Inbetriebnahme zusätzlicher schwimmender LNG-Terminals zu legen. Die dazu nötigen Kapazitäten seien schneller verfügbar, als neue Pipelines oder neue Gasspeicher zu bauen, so die Begründung.
Ein unbedingtes Plädoyer dafür, dass es ohne neue schwimmende Terminals gar nicht geht, geben die Daten der Branche aber nicht her. Denn in den aktuellen Ines-Szenarien sind einige »Worst Case«-Umstände eingebaut. Zum einen ist das der völlige Ausfall der russischen Gaslieferungen, die derzeit noch in die Ukraine, die Türkei und nach Litauen gehen. Des Weiteren nimmt der Speicherverband auch einen Ausfall der deutschen Gaseinfuhren über Dornum in Ostfriesland an. Über diese große Station kommt norwegisches Erdgas nach Deutschland. Drittens unterstellt der Verband eine nur 95-prozentige Füllung der Speicher vor dem Winter, keine hundertprozentige.
Vor Lieferanten-Ausfällen warnte übrigens auch Habeck im Bundestag – und noch vor einigem Denkbaren mehr. So könne es zu Anschlägen kommen oder es könne passieren, dass Terminals nicht mehr funktionieren oder dass der Winter kälter wird oder dass Bevölkerung oder Industrie nicht wieder so viel Gas wie im vergangenen Jahr einsparen.
Zumindest die nicht völlig spekulative Kombination aus kaltem Winter, Lieferanten-Ausfällen und geringeren Gaseinsparungen hält der Speicherverband im kommenden Winter für verkraftbar. Werde der Gasbedarf auf das zwingend Notwendige reduziert, würde die Inbetriebnahme neuer schwimmender Terminals »nicht zwingend« notwendig sein, erklärte Bleschke.
Genau welche neuen schwimmenden Terminals »nicht zwingend« hermüssten, da wollte sich der Ines-Chef verständlicherweise nicht festlegen. Ursprünglich geplant waren an den deutschen Küsten sechs dieser Terminals an vier Standorten, derzeit sind drei davon in Betrieb. Bleschke machte lediglich deutlich, dass für ihn nicht der Standort entscheidend ist, sondern die Frage, wo ein Terminal schnell in Betrieb gehen kann.
Die Speicherbranche fährt der Ampel-Koalition aber in anderer Weise stark in die Parade. Aus Sicht des Gasmarktes werden die schwimmenden Terminals nur eine Zeit lang benötigt, und zwar bis nach dem Winter 2026/2027. Danach lasse sich die Versorgungssituation durch einen sinkenden Gasverbrauch sowie den Ausbau von Speichern und Pipelineverbindungen lösen, stellte Bleschke fest. Deswegen müsse man sich Gedanken machen, wann der starke Fokus auf schwimmende Terminals wieder zurückgefahren werden kann, betonte der Ines-Chef. Im Klartext heißt das: Um die von der Ampel postulierte Sicherheit der Versorgung zu erreichen, werden die schwimmenden Terminals, ob nun vor Rügen oder anderswo, nur für wenige kommende Winter als eine Art »Backup« gebraucht – und danach eigentlich nicht mehr.
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