Nur 2550 Euro brutto: Streik im Großhandel Berlin-Brandenburg

Rund 200 Beschäftigte im Pharmagroßhandel streikten am Montag und forderten Inflationsausgleich

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Montag haben rund 200 Beschäftigte des Pharmagroßhandels in Berlin und Brandenburg gestreikt. Das teilte die Verhandlungsführerin von Verdi, Franziska Foullong, »nd« mit. Die Gewerkschaft fordert 13 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 400 Euro mehr, und eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung.

Verdi hatte die Angestellten von Phoenix-Pharmahandel Berlin, Sanacrop Potsdam und von zwei Standorten der Alliance Healthcare Berlin zum Streik aufgerufen. In den vier Betrieben mit insgesamt rund 450 Mitarbeiter*innen beteiligten sich etwa die Hälfte, so Foullong. »Wir sind sehr zufrieden mit der Beteiligung, sie bleibt stabil hoch.«

Der Großhandel streikt nicht zum ersten Mal. Bereits im Juli legten nicht nur im Einzelhandel, sondern auch in den Lagern von Pharma- und Lebensmittelbetrieben die Angestellten ihre Arbeit nieder. Grund sind die seit vier Monaten laufenden Tarifverhandlungen in Berlin, Brandenburg und weiteren Bundesländern. Mit Blick auf die starke Inflation verlangt Verdi anlässlich des ausgelaufenen Tarifvertrags eine Anpassung, um den Reallohnverlust auszugleichen.

Mitte Juli legten die Arbeitgeber ein Angebot von zuerst 5,1 Prozent Lohnerhöhung ab September und dann 2,9 Prozent ab August 2024 vor, sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 700 Euro. Verdi nannte das Angebot, das nicht die jeweils sechs Prozent Inflation im Jahr 2022 und 2023 ausgleiche, eine »Unverschämtheit« und lehnte es ab. Seitdem sei von den Arbeitgebern kein neuer Vorschlag gekommen, berichtet Foullong. »Die Arbeitgeber blockieren nach wie vor die Tarifverhandlungen.«

Zurzeit erhalten Vollzeitbeschäftige im Berliner und Brandenburger Großhandel laut Verdi einen Bruttolohn von 2550 Euro. Die Arbeit der Lagerist*innen und Kommissionier*innen sei meist mit hoher körperlicher Belastung verbunden, erzählt Foullong. »Sie müssen in der Regel schwer heben oder tragen und zum Beispiel die Medikamente in Wannen packen, damit sie an Apotheken geliefert werden können.« Besonders ältere Kolleg*innen hätten mit arbeitsbedingten Gesundheitsproblemen wie Bandscheibenvorfällen zu kämpfen, Arbeitsunfähigkeit sei keine Seltenheit. »Im Pharmabereich kann man wirklich von Fließbandarbeit reden.«

Angesichts der harten Arbeit und geringen Bezahlung sieht Foullong die Unternehmen in der Pflicht, ihre steigenden Umsätze auf die Beschäftigen umzuverteilen. So habe etwa der Pharmahandel seit der Corona-Pandemie kontinuierlich mehr Medikamente verkauft und vor allem mit den nicht rezeptpflichtigen Mitteln hohe Gewinne erzielt. Wenn Arbeitgeber dann am Verhandlungstisch über Engpässe etwa wegen gesteigerter Energiekosten klagten, könne sie das nicht ernst nehmen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.