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Sprachkursanbieter Learnship: Bestnote in Ausbeutung
Lehrkräfte werfen Sprachkursanbieter Learnship unhaltbare Arbeitsbedingungen vor
Freiberufliche Lehrkräfte bei Learnship, einem Anbieter für Online-Sprachkurse, sollen unter Druck gesetzt worden sein, niedrigere Stundensätze zu akzeptieren. Anderenfalls würden sie keine weiteren Aufträge mehr erhalten. Solch erpresserisches Vorgehen wirft die Gewerkschaft Freie Arbeiterinnen- und Arbeiterunion (FAU) dem international tätigen Unternehmen vor.
Learnship verkauft Unternehmen Englischkurse, die branchenspezifisches Vokabular vermitteln. Weltweit unterrichten mehrere hundert Lehrkräfte für Learnship. Bislang erhielten sie 15 Euro oder mehr pro Stunde. Seit Jahresbeginn würden den Lehrkräften aber nur noch Verträge mit einer Entlohnung von zwölf Euro in der Stunde angeboten, berichtet die FAU in einer Pressemitteilung.
Gegenüber »nd« bestätigen auch Learnship-Lehrkräfte die Vorgänge. Die Arbeitsbedingungen für die Freiberuflichen seien ohnehin »prekär«, durch die Honorarkürzung seien sie »untragbar«, berichtet eine Lehrkraft, die anonym bleiben will. Auch sie habe seit mehreren Monaten keine Kurse mehr zugeteilt bekommen, weil sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren wolle. Zuvor hatte sie bis zu zehn Kurse in der Woche unterrichtet. Mit der neuen Rate könne sie ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr tragen, sagt die Lehrkraft.
Mit dem neuen Stundensatz rutschten die Lehrkräfte unter den Mindestlohn, kritisiert die FAU. Denn Verwaltungsaufgaben und die Nachbereitung der Kurse würden nicht vergütet, dazu kämen die Sozialversicherungsbeiträge, die die offiziell selbständigen Lehrkräfte selbst tragen müssten. »Für die meisten Lehrkräfte zahlt Lernship damit weniger als das Existenzminimum«, heißt es in der Pressemitteilung.
Für die Sprachlehrer besonders ärgerlich: Erst als drei Lehrkräfte einen Gesprächstermin ausmachten, wurde ihnen mitgeteilt, dass die Geschäftsführung eine Honorarkürzung plane. Eine Unternehmensmitteilung oder Ähnliches habe es zuvor nicht gegeben, berichtet die anonyme Honorarkraft. Erst über den Austausch auf sozialen Medien sei den Lehrkräften bewusst geworden, dass es nicht um Einzelfälle gehe. »Wir wurden vollkommen im Dunkeln gelassen«, kritisiert die Lehrkraft. Auch jetzt gebe es keinen klaren Ansprechpartner, Anfragen blieben häufig unbeantwortet.
Die Umstellung hat inzwischen auch Auswirkungen auf den Lehrbetrieb: Einer Sprachlehrerin wurde der Zugang zu der Online-Plattform gesperrt, über die die Kurse ablaufen. Die Entscheidung wurde später zurückgenommen, berichtet die FAU. Schülern, deren Lehrkräfte die niedrigere Stundenrate nicht akzeptiert hätten, sei teilweise bereits mitgeteilt worden, dass im nächsten Kurs nicht mehr diesselbe Sprachlehrer unterrichten würden, bestätigen Learnship-Lehrkräfte.
Zudem leiden die Lehrkräfte unter den Stornierungsregelungen: Sagen die Kursteilnehmer sechs Stunden vor der Unterrichtseinheit ab oder erscheint nicht zum Termin, erhält die Lehrkraft nur ein Drittel des Stundensatzes. Erfolgt die Absage noch vor dieser Frist, erhält sie gar kein Honorar.
Für viele Sprachlehrer sei das eine existenzielle Bedrohung, sagt eine Lehrkraft. Die meisten Teilnehmer absolvierten die Kurse während der Arbeitszeit und sagten deshalb regelmäßig ab. Es sei schon vorgekommen, dass in einer Woche ein Viertel der Termine ausgefallen seien. »Wir haben dann aber den Unterricht schon vorbereitet und die Zeit verplant«, sagt sie. Den Kursteilnehmern sei dabei häufig nicht klar, dass die Lehrkräfte die Kosten für den Ausfall tragen müssten. »Die Leute sind schockiert, wenn man ihnen sagt, unter welchen Bedingungen wir arbeiten.«
Die Lehrkraft erklärt sich das Vorgehen der Geschäftsführung damit, dass Learnship in mehreren Ländern aktiv sei. Weil die Kurse grundsätzlich online stattfänden, könnten auch Sprachlehrer aus anderen Ländern deutsche Kunden unterrichten. Learnship könne damit auf eine große Auswahl an potenziellen Lehrkräften zugreifen. »Auf den Philippinen zum Beispiel sind zwölf Euro Stundenlohn ein sehr gutes Geschäft«, sagt die Lehrkraft.
Die FAU will nun die Lehrkräfte organisieren und sich für bessere und transparente Vertragsbedingungen einsetzen. Auch die umstrittenen Stornierungsbedingungen sollen »fair geregelt« werden. Weil die Lehrkräfte als Selbständige nicht streiken können, will die FAU auf anderem Wege den Druck erhöhen: Gezielt will die Gewerkschaft Kunden von Learnship kontaktieren und auf die Arbeitsbedingungen aufmerksam machen. Bei vielen Kunden – es handelt sich etwa um größere Industrieunternehmen – gebe es Ethikrichtlinien für Geschäftspartner, an deren Standards Learnship scheitere.
Am liebsten wäre es einer Lehrkraft, die mit »nd« gesprochen hat, wenn die Sprachlehrer fest angestellt würden. »Uns werden Unterrichtsmaterialien und -methoden vorgegeben«, sagt sie. Zugleich gebe es aber nicht die Möglichkeit, über das Honorar frei zu verhandeln und für die Lehrkräfte gebe es weder Versicherungs- noch Kündigungsschutz. »Wir kriegen das Schlechteste aus beiden Welten.« Die Learnship-Geschäftsführung reagierte bis Redaktionsschluss nicht auf nd-Nachfrage.
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