Pulverfass Ostasien

Die USA, Japan und Südkorea vereinbaren engere Zusammenarbeit in einer »trilateralen Allianz«

  • Felix Lill
  • Lesedauer: 4 Min.
Japanische Luftlandetruppen auf Motorrädern üben Krieg auf dem Übungsplatz Narashino in einem Vorort von Tokio.
Japanische Luftlandetruppen auf Motorrädern üben Krieg auf dem Übungsplatz Narashino in einem Vorort von Tokio.

Yoon Suk-yeol hatte mal wieder ein paar kernige Formulierungen parat: »Diese Strukturen trilateraler Kooperation werden das Risiko weiterer Provokationen durch Nordkorea senken und unsere Sicherheit erhöhen«, erklärte der Präsident Südkoreas am Montag mit ernster Miene in Seoul. Beim Blick auf den ungeliebten Nachbarn nördlich der Staatsgrenze mahnte Yoon außerdem: »Je größer die Drohungen von Provokationen durch Nordkorea werden, desto robuster wird die Struktur der trilateralen Sicherheitskooperation.« Widerstand sei also zwecklos. Nordkorea spiele mit dem Feuer.

Tags zuvor war Yoon von einem Treffen zurückgekehrt, das sich durchaus als historisch bezeichnen lässt. Auf Camp David im US-amerikanischen Maryland, der Erholungsanlage des US-Präsidenten, hatte sich der Präsident Südkoreas mit seinen Amtskollegen aus den USA und Japan zu einem trilateralen Gipfel ausgetauscht. Es war das erste Zusammentreffen dieser Art, das nicht am Rande eines größeren Anlasses stattfand, sondern einzig dieser strategisch bedeutenden Dreiecksbeziehung galt: Vereinbart wurde, dass die USA, Japan und Südkorea fortan stärker zusammenrücken.

Inmitten geopolitischer Spannungen – in denen sich vor allem zwischen Russland, China und Nordkorea auf der einen und mehreren westlich orientierten Staaten auf der anderen Seite zusehends tiefe Gräben auftun – plant diese »trilaterale Allianz«, wie sie nun heißt, so einiges: Im Falle einer konkreten Bedrohung wollen sich die USA, Japan und Südkorea künftig unmittelbar untereinander austauschen. Jährliche trilaterale Gipfel und gemeinsame Militärmanöver sind ebenso geplant. Außerdem wolle man sich ökonomisch auf Basis von Lieferketten genauer abstimmen.

Auf das, was nun von allen drei Staaten als wichtiger Schritt bezeichnet wird, hat der Gastgeber des jüngsten Gipfels schon lange gedrängt. Die USA sind sowohl für Japan als auch Südkorea wichtigster Sicherheitspartner, unterhalten in beiden Staaten große Militärbasen.

Zwischen Japan und Südkorea aber waren die Beziehungen in den vergangenen Jahren eisig. Unstimmigkeiten über die Zeit, als Korea japanische Kolonie war, haben immer wieder für Streit gesorgt. Regierungswechsel in Südkorea und Japan sowie der Angriff Russlands auf die Ukraine ermöglichten zuletzt ein Zusammenrücken.

Drei liberale Demokratien sehen sich als Verbündete. Man könnte meinen, in Ostasien sei nun endlich Ordnung eingekehrt. Aber was oberflächlich zutreffen mag, dürfte das Risiko eines bewaffneten Konflikts – anders als vom rechtskonservativen Yoon Suk-yeol am Montag behauptet – kaum minimieren. Vielmehr scheint diese Region, in der auch noch ein Konflikt zwischen Festlandchina und Taiwan schwelt, umso mehr zu einem Pulverfass zu werden, je lauter ihre Regierungsvertreter die Wichtigkeit von Sicherheit und Abschreckung betonen.

Besonders trifft dies auf jenes Land zu, gegen das sich die neuen Vereinbarungen der »trilateralen Allianz« aus USA, Japan und Südkorea vor allem richten: Nordkorea. Denn der von einer autokratischen Kommunistischen Partei regierte Ein-Parteien-Staat feuert immer dann besonders viele Raketen in die Luft, wenn die internationale Lage in der Region angespannt ist. Nachdem die Vereinten Nationen ab 2017 auf wiederholte Raketentests Nordkoreas hin Wirtschaftssanktionen gegen das Land verstärkt hatten, nahm die Zahl der Zündeleien nicht etwa ab, sondern deutlich zu.

Im vergangenen Jahr feuerte Nordkoreas Regierung so viel Sprengstoff in die Luft wie nie zuvor. Es war jenes Jahr, das nicht nur mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine begonnen hatte, woraufhin westlich orientierte Staaten mit Sanktionen gegen Russland reagierten. Im Frühjahr erhielt Südkorea mit Yoon Suk-yeol dann einen neuen Präsidenten, der im Wahlkampf mit seiner harten Hand gegenüber dem Norden geworben hatte. Nordkoreas Regierungschef Kim Jong-un scheint verstanden zu haben, dass mit Yoon im Süden an neuerlichen Austausch kaum zu denken ist.

Dabei ist das in westlichen Staaten übliche Bild vom immerzu zündelnden Nordkorea verkürzt. Häufig sind Raketentests aus Pjöngjang denn direkte Reaktionen auf Militärübungen der USA und Südkoreas, die mit dem Norden bis heute formal im Kriegszustand verharren. Entsprechend war die Abfolge auch zu Beginn dieser Woche wieder, als Militärmanöver zwischen den USA und Südkorea starteten. Eine Antwort aus Pjöngjang ließ nicht lange auf sich warten. Am Montag ließ sich Kim Jong-un ablichten, als er den Abschuss einer Rakete von einem nordkoreanischen Schiff beaufsichtigte.

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