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Pleitewelle bei Projektentwicklern
Die Krise des deutschen Immobilienmarktes hat nun auch das Düsseldorfer Unternehmen Gerch erfasst. Es bereitet milliardenschwere Projekte vor
Nach einem Jahrzehnt mit steigenden Immobilienpreisen macht sich Unruhe in der Branche breit. Der Cocktail aus stagnierenden oder gar sinkenden Immobilienpreisen und gleichzeitig steigenden Zinssätzen ist für Bauwirtschaft, Investoren und Banken schwer verdaulich. So verteuern sich die Kredite mit steigenden Zinsen. Diese liegen bei längeren Laufzeiten mittlerweile im Durchschnitt bei über vier Prozent. Diese toxische Gemengelage bremst zuerst neue Vorhaben aus. Daher trifft die Immobilienkrise als erstes die Projektentwickler.
»Viele Projekte lassen sich schlicht nicht mehr rentabel finanzieren«, meldete bereits Anfang August der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA), ein Spitzenverband der Baubranche. »Erste Projektentwickler geben auf.« Neben den Finanzierungskosten bereiten den Managern eine knappe Zahl an Fachkräften und zunehmende Kosten für den Bau Sorgen. Dazu trägt laut ZIA auch der Staat bei, mit Abgaben, Auflagen und Anforderungen, die vor allem den Wohnungsbau erschweren. Der Anteil, den der Staat indirekt oder direkt an den Baukosten verursacht, stieg demnach auf 37 Prozent.
Dunkle Wolken ziehen also am Bau auf. Dies trifft bereits die Projektentwickler, die Immobilien vom Einzelhaus bis zu ganzen Quartieren aus Wohnungen oder Gewerbebauten entwerfen, planen und vermarkten. In diesem durchaus komplizierten Geschäft lockten im langen Immobilienboom hohe Gewinne. Hier sind nicht nur Firmen mit milliardenschweren Projekten aktiv, sondern auch viele kleine und mittelständische Unternehmen. »Der Markt ist zersplittert«, sagt Michael Voigtländer, Immobilienexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Und so erfasst der »Development Monitor« des Beratungsunternehmens Bulwiengesa mit rund 8000 Firmen einen bunten Mix, der vom Spezialisten Panattoni über Bauunternehmen wie Strabag und den Immobilienkonzern Signa von René Benko bis hin zur Handelskette Edeka reicht.
Und es häufen sich die Pleiten: Gerade erst hat der auf Bürohäuser und Wohnquartiere spezialisierte Projektentwickler Gerch für vier Gesellschaften Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf entwickelt nach eigenen Angaben neun Projekte mit einer Fläche von 790 000 Quadratmetern und einem Gesamtvolumen von rund vier Milliarden Euro. Darunter befindet sich das Laurenz-Carré aus Wohn- und Gewerbeobjekten am Kölner Dom sowie ein Gebäudeensemble auf dem Gelände des alten Polizeipräsidiums in Frankfurt am Main.
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Wegen drohender Zahlungsunfähigkeit habe man beim Amtsgericht Düsseldorf Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestellt, teilte das Unternehmen Ende vergangener Woche mit. Das Gericht habe dem Antrag zunächst entsprochen und vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. »Der Geschäftsbetrieb bei Gerch läuft uneingeschränkt weiter«, heißt es in der Mitteilung. »Unser primäres Ziel ist es, trotz der derzeitigen Krise in der Baubranche alle Immobilienprojekte umzusetzen und am Markt zu platzieren«, wird Vorstandschef Mathias Düsterdick zitiert. Dazu sei ein umfassendes Sanierungs- und Restrukturierungsprogramm geplant. Unmittelbar betroffen sind demnach zwar die Dachgesellschaften Gerchgroup, Gerch Development, Marathon-Beteiligungsgesellschaft und Gerch-Beteiligungen, nicht aber die einzelnen Immobilienprojekte.
Damit fordern die Turbulenzen in diesem Segment der Baubranche wieder ein Opfer. Insolvenz angemeldet hatten in den vergangenen Wochen bereits unter anderem der Luxusimmobilienentwickler Euroboden sowie die Nürnberger Project-Immobiliengruppe mit geplanten Vorhaben von 3,2 Milliarden Euro. Deren Schwerpunkte liegen in Großräumen wie Berlin, Hamburg, Düsseldorf, dem Rhein-Main-Gebiet und München.
Die Fälle haben weitreichende Folgen: Sparer bangen um ihre Fondsanlagen und Handwerker um ihre offenen Rechnungen. Die Krise der Projektentwickler trifft zudem zahlreiche private Wohnungskäufer. Project aus Nürnberg betreut nach Angaben des Insolvenzverwalters 118 laufende Projekte mit über 1850 Wohnungen, Käufer seien zumeist Privatpersonen. Wichtig sei jetzt, »ob und wie die nötigen Finanzmittel zum Weiterbau der Projekte aufgebracht werden können«, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Volker Böhm einer Nachrichtenagentur. Einige Käufer hätten bereits beträchtliche Summen investiert.
Halfen den Unternehmen im Immobilienboom niedrige Zinsen und rasant steigende Preise, hat sich die Lage mittlerweile gewendet. Durch höhere Materialkosten und den Zinsanstieg für Kredite verteuert sich der Neubau stark, während Projektentwickler im Verkauf auf wenig Nachfrage treffen. »Teilweise verkaufen sie nur noch ein Zehntel der Objekte wie vor einigen Jahren«, sagt Voigtländer. Dazu komme, dass die Krise am Immobilienmarkt länger andauere als von vielen in der Branche erhofft, aber die Kosten derweil weiter anfielen – im Extremfall, bis das Geld ausgehe. Angesichts dieses Umfeldes erwarten Branchenbeobachter in den kommenden Monaten weitere Pleiten.
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