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Vuelta a España: Remco Evenepoel will Sieg im Energiesparmodus
Auf dem Weg zur Titelverteidigung in Spanien kann der Belgier bislang die namhafte Konkurrenz ohne viel Aufwand in Schach halten
Die Vuelta a España wird zu einem besonderen Rennen für Remco Evenepoel. Das Trikot des Gesamtführenden hat er sich bereits übergezogen, zum 18. Mal bei einer Spanienrundfahrt. Auch die härtesten Rivalen hat der junge Belgier bislang unter Kontrolle gehalten. Auf der 3. Etappe gewann er den Bergaufsprint vor keinem geringeren als Jonas Vingegaard, dem frischgebackenen Sieger der Frankreichrundfahrt. Die Bilanz könnte kaum besser aussehen.
Weiter hinten noch kam Primož Roglič ins Ziel, immerhin dreifacher Gesamtsieger der Spanienrundfahrt und Teamkollege von Vingegaard. Dieses mächtige Duo hielt Evenepoel also auf Distanz. »Ich habe gezeigt, dass mein Spurt bei solchen Anstiegen richtig gut ist«, bilanzierte der Ex-Straßenweltmeister befriedigt nach dem Etappensieg in Andorra. Zugetraut hatten ihm das nicht viele. Denn Roglič wie auch der in Sachen Explosivität verbesserte Vingegaard gelten als antrittsschneller im Vergleich zu Evenepoel. Aber auch der Belgier hat auf diesem Gebiet offenbar zugelegt. Vorteilhaft für ihn war der Gegenwind am Anstieg. Jeder, der angreifen wollte, musste mehr Kraft aufwenden: erst gegen den Wind, dann gegen die Konkurrenz. Und Evenepoel, immerhin der aktuelle Zeitfahrweltmeister, hat im Kreise der Rundfahrer die wohl meiste Kraft in den Beinen.
Der Titelverteidiger frohlockte im Ziel noch aus einem anderen Grund. »Für unser Team war es ein sehr ökonomischer Sieg. Nur Pieter Serry musste während der Etappe etwas Nachführarbeit leisten, ansonsten konnten wir uns schonen. Und im Finale, nachdem wir die Ausreißergruppe erreicht hatten, sagten mir meine Sportlichen Leiter, dass ich mich ganz auf den Sprint konzentrieren und keine überflüssigen Manöver machen sollte. Wir haben Energie gespart und trotzdem gewonnen«, feixte er in die Kameras.
Da hatte er den größten Schreckmoment bei dieser Spanienrundfahrt ebenfalls schon überwunden: Im viel zu kurz bemessenen Zielauslauf war er auf eine Polizistin geprallt und gestürzt. Blut schoss aus einer Platzwunde am Kopf, so rot wie das Leadertrikot, das er wenig später überstreifen durfte. Evenepoel hatte noch Glück gehabt. Der Zusammenstoß verhinderte, dass er in die nur wenige Meter dahinter postierten Absperrgitter rauschte, die von den Organisatoren der Vuelta offensichtlich falsch positioniert worden waren. Evenepoel hatte vom Jubelmodus nicht schnell genug auf den Bremsmodus umgeschaltet und so die Karambolage nicht mehr verhindern können.
Der Gestürzte nahm das Malheur samt Platzwunde mit Humor. »Da habe ich etwas Gewicht verloren. Für die Berge kann das nur gut sein«, flachste er. Auf die anstehenden Berge wirkt er ohnehin gut vorbereitet. An diesem Donnerstag geht es auf knapp 2000 Meter Höhe zur Sternwarte in der Sierra de Javalambre. Fast 900 Höhenmeter müssen dabei auf dem etwa elf Kilometer langen Anstieg bezwungen werden. Insgesamt fast 4000 Höhenmeter hält diese 6. Etappe parat. Durchaus anspruchsvoll also.
Weil danach aber noch weitere sieben Bergetappen folgen, versucht Evenepoel auch, immer dann, wann es geht, in den Energiesparmodus zu wechseln. »Ich habe ziemlich früh das Rote Trikot geholt, früher noch als im letzten Jahr. Jetzt liegt es an unseren Sportlichen Leitern, eine magische Taktik zu entwickeln, wie ich das wieder verlieren kann, allerdings nicht an einen zu starken Fahrer«, blickte er auf die folgenden Tage voraus. Auch die Teamkollegen sollen schließlich nicht zu viel Arbeit in die Verteidigung des Trikots stecken müssen.
Ganz ungern nur würde er die Gesamtführung natürlich an seine Hauptrivalen Vingegaard und Roglič abgeben. Jede Sekunde Vorsprung vor ihnen zählt. Nicht einmal Bonussekunden gönnt er den beiden, wie sein Etappensieg in Andorra bewies. In der besseren Verfassung scheint unter den Gegnern derzeit Vingegaard zu sein. Der Däne war auch der Einzige, der noch ernsthaft versuchte, Evenepoels Antritt auf der dritten Etappe zu folgen. Roglič, dem die Rampe eigentlich mehr gelegen hätte, machte gar nicht erst den Versuch. Der Slowene leidet noch an Folgen der Sturzverletzungen von der zweiten Etappe. »Ich hatte seit Sonntag ein paar Probleme durch den Sturz, ein paar Schmerzen hier, ein paar Abschürfungen da. Aber es wird von Tag zu Tag besser«, meinte er.
Während Roglič also vor allem auf die Regeneration seines Körpers achtet, liegt es an Teamkollegen Vingegaard, derzeit 31 Sekunden hinter Evenepoel, den Belgier nicht enteilen zu lassen. Beide Fahrer des Teams Jumbo-Visma betonen, dass sie das Unternehmen Vuelta gemeinsam angehen wollen. »Wir agieren nicht gegeneinander, sondern miteinander«, so Vingegaard. »Wir wollen als Team diese Vuelta gewinnen, und ob ich das bin oder Jonas oder vielleicht auch Sepp Kuss, der ebenfalls da ist für uns, ist ziemlich egal«, bestätigte Roglič.
Bisher klappte das mit dem gemeinsam ausgeübten Druck auf Titelverteidiger Evenepoel aber noch nicht so recht. Beim Teamzeitfahren verlor die niederländische Equipe 26 Sekunden auf Evenepoels Mannschaft. Und für Attacken am Berg wirkt Roglič nach dem Sturz noch nicht fit genug. Aber das Rennen ist noch mehr als zwei Wochen lang. Daher denkt auch Evenepoel gerade lieber ans Kräftesparen als an Attacken. Auch er hat schließlich Lehren aus der Tour de France gezogen, bei der Tadej Pogačar lange Zeit brillierte, um dann doch im Duell mit Vingegaard einzubrechen. Kontrolle auf ökonomische Art könnte also ein besserer Ansatz gegen die geballte Jumbo-Macht sein.
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