Thomas Meyer-Falk nach Jahren aus Sicherungsverwahrung entlassen

Der 52-Jährige verbrachte nach einem Banküberfall die Hälfte seines Lebens im Gefängnis

Gefängnis – Thomas Meyer-Falk nach Jahren aus Sicherungsverwahrung entlassen

Am Ende war es noch mal knapp: Vor sechs Wochen hatte das Landgericht Freiburg die Entlassung von Thomas Meyer-Falk beschlossen, die Staatsanwaltschaft hingegen Beschwerde eingelegt. Der wegen Bankraub mit Geiselnahme Verurteilte sei weiterhin gefährlich, so die Begründung. Am Dienstag wurde der bekennende Anarchist schließlich aus der JVA Freiburg, wo er nach Verbüßung seiner Freiheitsstrafe ab 2013 in Sicherungsverwahrung bleiben musste, entlassen.

Mit dem Geld aus der Bank wollte Meyer-Falk linke Bewegungen unterstützen. Auch nach seiner Inhaftierung 1996 und trotz (oder wegen) mehrjähriger Isolationshaft ist er ein politisch aktiver Mensch geblieben. In den Anstalten lehnte Meyer-Falk die Arbeitspflicht ab und legte sich mit der Gefängnisleitung und Gerichten an. Mitgefangenen half er bei Eingaben an Justizbehörden. Seit zwei Jahrzehnten dokumentiert Meyer-Falk diese Vorgänge mithilfe von Unterstützern auf Indymedia und einem eigenen Blog. Dazu gehört auch die Klage nach dem Informationsfreiheitsgesetz, die er sechs Jahre durchkämpfte, bis das Landgericht Schwerin beschloss, dass Rechnungen eines Grillfestes von Angela Merkel mit dem damaligen US-Präsidenten Georg W. Bush herausgegeben werden müssen.

In seinen 27 Jahren Gefängnis hat Meyer-Falk zahlreiche Texte zur »Welt hinter Gittern aus der Perspektive des gefangenen Menschen« verfasst. Schon die normale Haft erweise sich oft als »Todesstrafe auf Raten«, schrieb er: »Erst stirbt die Seele und oftmals am Ende auch der Körper.« Viele Insassen hat er deshalb sterben gesehen.

Gefängnisse seien überflüssig, sagte der heute 52-Jährige einst dem »nd«: Denn der Anarchismus gehe davon aus, dass Menschen sich ihrer Schwächen bewusst werden und Lösungen suchen können. Meyer-Falk hat damit jahrzehntelang an einer Idee festgehalten, die derzeit mit dem Abolitionismus in Deutschland Verbreitung findet. Willkommen in dieser Freiheit!

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.