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Francafrique am Ende?
EU-Initiativen in Afrika verfolgen ausschließlich europäische Interessen, kritisiert Jörg Goldberg
Seit Jahrzehnten verkündet jeder neue französische Präsident, dass »Francafrique«, das politische Netzwerk, mit dessen Hilfe Frankreich seine wirtschaftliche und politische Vormacht in den ehemaligen Kolonien sichert, der Vergangenheit angehöre. Geändert aber hat sich wenig. Das frankophone West- und Zentralafrika blieb Einflusszone Frankreichs und damit der EU. Erst im März diesen Jahres hatte Macron auf einer Afrikareise mal wieder erklärt, er strebe »ausgewogene Beziehungen« mit Afrika an. Überzeugt hat dies niemand – der Besuch in Gabun wurde vielmehr als Parteinahme für den jetzt gestürzten Präsidenten Ali-Ben Bongo gewertet. »Francafrique« in Reinkultur: Seit fast 60 Jahren stützt Frankreich das korrupte Familienregime der Bongos.
Untersucht man Verlauf und Ziele der letzten Militärputsche – Guinea, Burkina Faso, Mali, Niger, Gabun –, so sind kaum Gemeinsamkeiten auszumachen. Anlässe waren jeweils spezifische innere Konflikte, die allerdings in unterschiedlicher Weise mit der französischen Dominanz in den betroffenen Ländern zusammenhängen. Beobachter weisen darauf hin, dass die Akteure der Militärrevolten oft Offizieren der mittleren Ränge sind, dass diese nicht von den Armeeführungen ausgingen. In einigen Ländern geht es vor allem um den Kampf gegen islamistische Gruppen.
Jörg Goldberg ist Ökonom und Autor zu den Themen Wirtschafts- und Entwicklungspolitik.
Drei der jetzt vom Militär regierten Länder (Burkina Faso, Mali, Niger) waren Teil der seit 2014 von Frankreich geführten »Operation Barkhane«, die islamistischen Terror bekämpfen sollte. Das Ergebnis der inzwischen beendeten Mission ist desaströs: Bis 2020 hatte sich die Zahl der Anschläge verfünffacht und zusätzliche Länder getroffen. Hauptquartier des französischen Militärs ist der diktatorisch regierte Tschad – was die Behauptung, man wolle die Demokratie verteidigen, einmal mehr Lügen straft. Im April 2023 war es sogar zu einer diplomatischen Verstimmung zwischen Deutschland und Frankreich gekommen: Tschad hatte den deutschen Botschafter auf demütigende Weise ausgewiesen, nachdem dieser die Inhaftierung und Tötung von Oppositionellen kritisiert hatte.
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Dass es bei der europäischen Kritik an den Militärputschen nicht um die Verteidigung von Demokratie, sondern um die Erhaltung des französischen bzw. europäischen Einflusses geht, liegt auf der Hand. Die zahlreichen EU-Initiativen in Afrika verfolgen ausschließlich europäische Interessen, konkret die Sicherung des Zugangs zu Energie und Rohstoffen einerseits und die Fernhaltung von Flüchtlingen andererseits. Es soll verhindert werden, dass afrikanische Länder sich als Teil des aufsteigenden globalen Südens begreifen und sich Partnern wie China oder Russland öffnen. Angesichts der sich verschärfenden hegemonialen Konflikte ist offensichtlich, dass die einseitige Bindung an Frankreich und die EU ein grober politischer Fehler ist. Insbesondere in den ehemaligen französischen Kolonien, die über die währungspolitische Abhängigkeit von Frankreich bzw. der EU wirtschaftlich und politisch an Europa gefesselt sind, blickt man mit Neid auf jene Länder des globalen Südens, die sich vor dem Hintergrund eines erstarkenden BRICS-Bündnisses größere wirtschaftliche und politische Handlungsspielräume erkämpfen.
Ob die Militärs den betroffenen Ländern neue Perspektiven eröffnen können, ist, wie der Kameruner Philosoph Achille Mbembe schreibt, unsicher. Große Teile vor allem der afrikanischen Jugend hoffen dies. Manche dürften an den ermordeten Präsidenten Burkina Fasos, Thomas Sankara, denken, der, ebenfalls im Kontext eines Militärputsches an die Macht gekommen, versucht hatte, eine eigenständige Entwicklung des Landes einzuleiten. Frankreich hatte dies nicht verziehen. Die bedingungslose Verteidigung unfähiger und korrupter Regime – seien sie auch durch mehr oder weniger fragwürdige Wahlen an die Macht gekommen – ist jedenfalls nicht geeignet, das schwindende Ansehen Europas in Afrika zu verbessern.
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