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Nordkorea: Kim auf Tauchstation
Nordkorea stellt neues Raketen-U-Boot in Dienst und sucht ein strategisches Bündnis mit Russland
Die Welt spekuliert: Steigt Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un in diesen Tagen in seinen gepanzerten Zug, um sich mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu treffen? Angeblich will das kleine Land dem großen Bruder Munition für dessen Krieg in der Ukraine liefern.
Ein solcher Deal könnte nicht ohne Zustimmung von Chinas wichtigstem Mann, Xi Jinping, gelingen. Offiziell ist aus Peking nichts zu hören und weder in Moskau noch in Pjöngjang war bisher Konkretes über ein mögliches Treffen in Wladiwostok zu hören, wo am Sonntag das viertägige Östliche Wirtschaftsforum beginnen sollte. Wohl aber zitierte die amtliche russische Nachrichtenagentur Tass den Kreml-Sprecher Dmitri Peskow: »Wir schätzen diese Beziehungen, da Nordkorea unser Nachbar ist, und wir werden natürlich die Beziehungen zu ihnen unabhängig von der Meinung anderer Länder weiter ausbauen.«
Putins Truppen brauchen dringend Nachschub. Nordkorea hat die Lieferung von Munition schon mehrfach angeboten, denn man will die Beziehungen zu Russland verbessern. Dieses kann als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat Nordkorea zumindest teilweise den Rücken freihalten. Kims Land ist wegen seines Atomwaffenprogramms zahlreichen und schmerzhaften Sanktionen unterworfen. Auch deshalb ist Russland jenseits ideologischer Differenzen ein gefragter Technologiepartner. Dass Nordkorea in der Lage ist, Atomwaffen zu produzieren und weitreichende Raketen zu starten, bedeutet nicht, dass man auch in der Lage ist, sie mit ausreichend abschreckender Wirkung einzusetzen.
Gerade wurde ein neues U-Boot in Dienst gestellt. Es trägt die Nummer 841 »Held Kim Kun Ok« und soll taktische Nuklearwaffen tragen können. Kim Jong-un absolvierte natürlich eine Probefahrt und stellte anschließend fest, dass das Boot seinen »Kampfauftrag als ein Kernstück der offensiven Unter-Wasser-Trägermittel« erfüllen werde.
Unklar ist, wie viele Raketen das U-Boot tragen und aus einer Unterwasserposition abfeuern könnte. Erste Bilder der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA lassen zehn Abschussrohre für möglicherweise nuklear bestückbare ballistische Feststoff-Raketen (SLBM) erkennen. Starts oder Tests solcher Flugkörper sind dem Land durch UN-Beschlüsse untersagt, doch das kümmert Nordkorea wenig.
Das U-Boot ähnelt sehr der sowjetischen »Romeo«-Klasse, basiert also auf Technologien der 1960er Jahre. Der Bau verzögerte sich immer wieder. Kim hatte sich bereits 2019 auf der Werft umgesehen und den Bau des Bootes seither persönlich überwacht. Dennoch glauben südkoreanische Experten, dass es seine volle Kampfkraft noch nicht entfalten kann. »Es gibt Anzeichen für Täuschung oder Übertreibung«, heißt es in einer Erklärung der Vereinten Streitkräftechefs des Südens. Doch auch die wissen: Es wird nicht lange dauern, dann wird Nordkorea seine Raketen – von seinen Gegnern weitgehend unbemerkt – näher an mögliche Ziele heranbringen.
In den vergangenen Jahren testete Nordkorea eine Vielzahl von Raketen, die von U-Booten aus abgefeuert werden können. Sie gewährleisten im Konfliktfall eine Zweitschlagfähigkeit – selbst dann, wenn die bodengestützten Atomraketen des Landes ausgeschaltet sein sollten. Entsprechende Nuklearsprengköpfe scheint es zu geben. Kim Jong-un ließ sich unlängst vor rund einem Dutzend vom Typ »Hwasan-31« fotografieren. Auf einer Schautafel waren acht Arten von Kurzstreckenwaffen zu sehen, die diesen Sprengkopf tragen können. Ebenso bereits getestet wurden atomwaffenfähige Unterwasserdrohnen sowie Marschflugkörper, die von konventionellen U-Booten abgefeuert werden können. Sofern nicht alles nur Propaganda ist, steht die an sich veraltete nordkoreanische Marine vor einem beachtlichen Kampfkraftzuwachs.
Darauf haben sich die USA, Südkorea und Japan schon seit geraumer Zeit vorbereitet. Das zeigen diverse gemeinsame Übungen. Die sind eine zusätzliche Belastung für die USA, denn deren Hauptaugenmerk liegt auf China. Die Spannungen zwischen der Volksrepublik und den USA nehmen zu, wesentlicher Streitpunkt dabei ist Taiwan, das von China als abtrünniger Teil seines Landes betrachtet wird, für den Westen aber aus strategischen wie technologischen Gründen unentbehrlich ist.
Dieser Tage ging in den USA ein Mann namens Syd Seiler in den Ruhestand. Über vier Jahrzehnte war er der führende Korea-Experte im US-amerikanischen Geheimdienst-Verbund. Zu einem möglichen Treffen Putin-Kim befragt, meinte er: Dass Nordkorea bedeutende Fähigkeiten entwickelt, um seine Position gegenüber Südkorea zu verbessern, gebe Anlass zur Sorge. Während Putin in der Ukraine all das »zurückerobern« wolle, was er aus historischer Sicht für russisches Gebiet hält, könnte sich Kim ermutigt fühlen, »strategische Ziele durch den Einsatz von Gewalt zu erreichen«. Das wäre, so Seiler, das »Worst-Case-Szenario«. Allerdings glaube er nicht, dass Russland eine wachsende Instabilität in der Korea-Region anstrebe.
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