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Kneissls russischer Ponyhof
Ehemalige Außenministerin Österreichs übersiedelt nach Russland
Karin Kneissl fühlt sich politisch verfolgt in Europa. Die parteilose mitteleuropäische Spitzenpolitikerin leitete von 2017 bis 2019 auf einem FPÖ-Ticket das österreichische Außenministerium. Die Ex-Ministerin, Ex-Nahost-Expertin, Ex-Journalistin und Ex-Rosneft-Aufsichtsrätin findet jetzt Zuflucht in Russland. Nach einem Sommer des Abwägens ist sie bereit für den Umzug – zur Freude des russischen Propagandaapparats. Ihre Ponys sind bereits in Russland.
Die Übersiedelung kommt nicht ganz überraschend. Dass Kneissl eine offene Zuneigung zu Russlands Machthaber hegt, ist spätestens seit ihrem Kniefall vor Wladimir Putin bei ihrer eigenen Hochzeit im August 2018 bekannt. Kneissl hatte Putin eingeladen – und den Kniefall nie bereut. Sie würde es wieder tun, hat sie einmal gesagt. Dabei war ihr der Ruf vorausgeeilt: Bei einem Besuch Putins in Wien noch vor der Hochzeit hatten russische Journalisten Kneissl als »unsere Ministerin« bezeichnet.
Von ihrem Ehemann hat sie sich 2020 wieder getrennt, die beiden verbindet nur mehr ein ausgefochtener Rechtsstreit um den Tod des gemeinsamen Hundes – ein Boxer namens Niklas. Ihr Ex-Mann hatte damals in den Raum gestellt, dass das Tier voreilig eingeschläfert worden sei, Kneissl verklagte ihn wegen übler Nachrede. Der Ausgang des Verfahrens: ein Vergleich und die Scheidung.
Kneissl zog schließlich nach Frankreich, sagte dort in Interviews, dass sie in Österreich politisch verfolgt werde, dass daran gearbeitet werde, sie zu ruinieren. Schließlich zog sie in den Libanon – weil sie auch in Frankreich politisch verfolgt worden sei, wie sie sagte. Seit dem Sommer ist sie nun in Russland, wo sie hofiert wird und ihre Tiraden gegen Europa gern gehört werden.
Bereits im Juni hatte Kneissl am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg erklärt, ernsthaft über eine Übersiedlung nach Russland nachzudenken. Dann zog Kneissl nach Petruschowo, ein Dorf in der Region Rjasan, um dort den Sommer zu verbringen: Kameratermine beim Dorffest, Interviews für russische Propagandasender, Tiraden gegen Westeuropa, von wo sie habe fliehen müssen.
»Ich mag das Leben hier. Ich verstehe diese Welt. Ich habe sie verstanden, als ich ein junges Mädchen war. Großmütter, Äpfel, Sommer, Schwimmen im Fluss. Es ist ein gutes Leben. Ich brauche die Malediven oder die Seychellen nicht. Hier ist es besser«, sagte sie laut »Kronen-Zeitung« zur russischen Nachrichtenagentur Tass. Jetzt der endgültige Umzug. Ob sie auch die russische Staatsbürgerschaft annehmen wird, ist nicht bekannt.
Ein Sprung ins kalte Wasser ist Kneissls Umzug keinesfalls. Sie wird einen staatlichen Thinktank leiten, den sie angeblich selbst mitbegründet hat: das Gorki-Zentrum, ein Thinktank, den die Staatliche Universität in St. Petersburg im Sommer für sie eingerichtet hatte. »Weil es dort viel Arbeit gibt und das Zentrum viel Aufmerksamkeit benötigt, kann ich das nicht nebenbei machen, und ich habe entschieden, für diese Arbeit nach St. Petersburg zu übersiedeln«, sagte Kneissl am Rande des Wirtschaftsforums in Wladiwostok der staatlichen Nachrichtenagentur Tass.
In ihrem Telegram-Kanal transportiert Kneissl nun die geopolitischen Darstellungen des Kreml. Dass sie sich dort zugleich als Tierfreundin präsentiert, ist die persönliche Note. Detail am Rande: Sie wirbt für ein Tierheim, das Boxerhunde vermittelt. Und Kneissls Ponys? Die wurden mit einer Frachtmaschine der russischen Armee aus Syrien eingeflogen.
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