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»Marsch für das Leben«: Geht ein Bischof auf ne Demo
Das Bistum droht einer Journalist*in
Für das Leben zu sein klingt positiv und unproblematisch. Jedes Jahr im September läuft der »Marsch für das Leben« durch Berlin, die Demonstration richtet sich gegen Abtreibungsrechte, emanzipatorische Vorstellungen von Geschlecht und Selbstbestimmung. Der Großteil der Teilnehmenden sind christliche Fundamentalist*innen und Reaktionäre, dabei sind auch führende AfDler*innen und Holocaustverharmloser*innen. Die Organisator*innen tun das regelmäßig als Einzelfälle ab.
Das fiel ihnen in diesem Jahr jedoch deutlich schwerer. Nur wenige Stunden nach der Demonstration am vergangenen Samstag machte ein Foto vor allem auf X (vormals Twitter) die Runde, das einen jungen Mann zeigt, der die White Power-Geste Richtung Kamera macht. Dabei werden Daumen und Zeigefinger zusammengeführt, die restlichen Finger sind abgespreizt. Dieses Handzeichen ist ein Erkennungssymbol der globalen extremen Rechten. Fast direkt neben ihm lief der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer.
Das Bistum Regensburg war nicht erfreut über die Verbreitung des Fotos, distanzierte sich in einem Antwortpost von dem Foto (nicht von der Geste) und drohte, gegen »dieses Foto auch vorgehen« zu wollen. Presserechtlich klarer Nonsens: Personen des öffentlichen Lebens dürfen auf Demonstrationen fotografiert und ihr Bild auch verbreitet werden. Dem folgten Verschwörungstheorien von verschiedenen Seiten: Es handele sich nicht um einen Nazi, sondern um einen V-Mann, das Bild sei gestellt oder KI-generiert. Der junge Mann habe sich an den Bischof angeschlichen, von Skandalisierung war die Rede, der Bischof solle mit unlauteren Mitteln diskreditiert werden.
Da ich das Foto gemacht und gepostet habe, kann ich mit gutem Gewissen sagen: Das ist Mumpitz. Ich beobachte diese Szene seit Jahren und begleite auch die Märsche schon lange journalistisch. An dem Tag war ich mit einer*m Kolleg*in unterwegs, wir ließen die Demonstration einmal an uns vorbeilaufen, um einen Gesamteindruck zu bekommen. Als im hinteren Drittel der junge Mann die auffällige Geste machte, haben wir beide mehrfach auf den Auslöser gedrückt. Dieser hatte sich nicht angeschlichen, er ist uns auch nicht bekannt.
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Das Bild zeigt: Der Marsch für das Leben ist rechtsoffen. Die Reaktion des Bistums und der Organisatoren des Marsches zeigen, dass Fotos von solchen Situationen störender sind als die Anwesenheit von Rechtsextremen. Die Teilnehmerzahlen der Veranstaltung gehen seit Jahren zurück. Selbst in einer österreichischen Kirchenzeitung heißt es, der »Marsch für das Leben« habe sich »als nach rechts offen gezeigt.« Nun könne »kein Bischof nachher sagen, er hätte nicht gewusst, wer dort mitmarschiert.«
Wenn jemand keine negative Berichterstattung will, sollte man halt nichts Kritikwürdiges machen. Es ist die Aufgabe der »4. Gewalt« Probleme zu erkennen und zu benennen. Wer hingegen für eine Fortbildung ein Beispiel für wirklich schlechte Pressearbeit sucht, wird bei der Pressestelle des Bistums fündig.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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