Dorf-Antifa besser als der Verfassungsschutz

Linksfraktion fordert Ausschreibung für die Stelle des Antisemitismus-Beauftragten

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Linke fordert eine rasche Besetzung der Stelle des Antisemitismus-Beauftragten in Brandenburg und hält eine Ausschreibung dieses Postens für unerlässlich. Diese Stelle sei zu wichtig, um sie »dem Parteienproporz innerhalb der Regierungskoalition« zu überlassen und das auf dem »Koalitionsbasar« zu regeln, sagte Fraktionschef Sebastian Walter am Dienstag im Landtag. Besetzt werden sollte sie mit der geeignetsten Person.

Auf jeden Fall müssten die jüdischen Gemeinden beteiligt werden: »Das grüne oder das CDU-Parteibuch darf hier nicht die Grundlage sein.« Es reiche nicht, die Landesverfassung zu ändern. »Es muss jetzt auch etwas passieren«, unterstrich der Politiker. Der Schutz jüdischen Lebens habe höchste Priorität. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass auch nur der Verdacht aufkomme, in Brandenburg werde nicht alles getan, dies zu gewährleisten.

Der Fall einer mutmaßlich rechtsextremen Lehramtsreferendarin, die bis zur
endgültigen Klärung ihres Falles vom Dienst freigestellt ist, macht für Walter die Besetzung der Funktion um so dringender. Bezogen auf Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) meinte Walter: »Er hat jetzt keinen Schuss mehr frei.« Ausdrücklich sagte der Linksfraktionschef, dass er den Worten des Ministers keinen Glauben schenke. Das verzögerte Handeln des Ministeriums in dem Fall der Referendarin habe Freiberg auf einen »Fehler in der Poststelle« zurückgeführt. Daher sei die »Hausspitze« erst Tage später informiert worden. »Ich glaube ihm nicht«, unterstrich Walter. Das Ministerium habe »viel zu spät gehandelt«.

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Walter sagte, Beamte müssten die Gewähr dafür bieten, dass sie im Dienst und in der Freizeit vollumfänglich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen. Die Referendarin habe für das rechte TV-Magazin »Compact« moderiert, dessen rechtsextreme Ausrichtung erwiesen sei. In solchen Fällen sei eher auf die Zivilgesellschaft Verlass als auf die Behörden. Walter meinte: »Jede Dorf-Antifa ist besser als der Verfassungsschutz.«

Der Oppositionspolitiker sprach sich gegen stationäre Kontrollen an der polnischen Grenze aus, die Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Montag einmal mehr von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gefordert hatte.

»Schleuser und Flüchtlinge werden immer wieder andere Wege finden«, ist Walter überzeugt. Die Menschen flüchten vor Terror, Verfolgung und Krieg und suchen in Deutschland ein Leben in Sicherheit. Sie kommen, »selbst wenn wir noch so hohe Mauern bauen«, erklärt Walter. Auch wenn das Asylrecht abgeschafft würde: »Sie werden dennoch kommen.« Alle, die es nach Deutschland geschafft haben, sollten sofort arbeiten dürfen und Anspruch auf Sprachkurse und ein ordentliches Leben haben, findet Walter. »Es ist nicht zu erklären, warum wir ukrainischen Flüchtlingen diese Erlaubnis geben und den anderen nicht.«

Walter bestätigte, dass die brandenburgische Polizei mit der bisherigen Schleierfahndung Flüchtlinge aufgreift und in die Erstaufnahme nach Eisenhüttenstadt bringt. Das habe immerhin den Vorteil, dass Menschen nicht tagelang schutzlos durch die Wälder irren.

Die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (Linke) nannte die Forderung Stübgens nach Grenzkontrollen bereits am Montag »unredlich«. Wegen des Grundrechts auf ein faires Asylverfahren dürfe niemand zurückgewiesen werden, und die Schleuser würden die Kontrollen umgehen. »Geschlossene Grenzen behindern nur den kleinen Grenzverkehr in der Region, haben Auswirkungen auf Lieferketten und produzieren Staus«, kritisierte Johlige.

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