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Abtreibung, aber sicher!
Am Safe Abortion Day setzen sich weltweit Feministinnen für sichere Abtreibungen ein.
Ungewollt schwanger? Wer sich in dieser Situation findet, kann keineswegs sicher sein, Zugang zu dem eigentlich unkomplizierten medizinischen Vorgang zu haben, der ein Schwangerschaftsabbruch ist. Gesetzliche Verbote, ärztliche Weigerungen, dazu überholte Moralvorstellungen und sexistische Vorurteile über die Rolle der Frau als Mutter – viele Faktoren erschweren oder versperren den Zugang zu kostenlosen, legalen und ungefährlichen Abtreibungen.
Dagegen richtet sich der »Safe Abortion Day«, ein internationaler Aktionstag für sicheren und legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. Mit diesem Tag weisen Feminist*innen in Lateinamerika und der Karibik seit 1990 auf die Probleme für ungewollt Schwangere hin, 2011 rief das »Women's Global Network for Reproductive Rights« den 28. September zum internationalen Tag aus. Seitdem gibt es zu diesem Anlass weltweit Aktionen und Veranstaltungen. Reproduktive Rechte und eine gute Gesundheitsversorgung werden als grundlegende Menschenrechten verstanden und eingefordert.
Weltweit sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fast die Hälfte aller Schwangerschaftsabbrüche unsicher. Global gibt es etwa 73 Millionen Abbrüche jährlich. Jedes Jahr erkranken mehr als sieben Millionen Menschen weltweit in Folge unsicherer Abtreibungen. Zwischen fünf und dreizehn Prozent aller Todesfälle bei schwangeren Personen gehen auf einen unsicheren Abbruch zurück, jährlich sterben daran mehr als 22 800 Menschen.
Auch in Deutschland wird es immer schwieriger, schnell eine*n Ärzt*in zu finden, die*der eine Abtreibung durchführt. Und auch der Zugang zu einer Schwangerschaftskonfliktberatung birgt zunehmend Probleme. In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche nach Paragraph 218 Strafgesetzbuch grundsätzlich verboten und strafbar. Legal und von den Krankenkassen bezahlt sind sie nur, wenn eine medizinische oder kriminologische Indikation vorliegt. Für einen rechtskonformen Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Schwangerschaftswoche ist eine Beratung und die Einhaltung einer Wartezeit von drei Tagen vorgeschrieben. Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen kritisieren, dass diese Regelung stigmatisierend wirkt auf ungewollt Schwangere und Ärzt*innen, die bereit sind, einen Abbruch vorzunehmen. Zum Safe Abortion Day unter dem Motto »Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung: Egal wo. Egal wer. Egal warum.« riefen dazu in Deutschland über 100 Organisationen, Parteien und Bündnisse zu bundesweiten Kundgebungen, Veranstaltungen und Demonstrationen auf.
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Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission berät aktuell darüber, ob und wie der Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafrechts geregelt werden könnte. Zuletzt wurden verschiedene Organisationen und Verbände zu Stellungnahmen eingeladen. Die Ergebnisse der Kommission sollen im März 2024 vorgestellt werden.
Im Rahmen der groß angelegten und durch das Bundesgesundheitsministerium geförderten Studie ELSA werden Einflussfaktoren auf das Erleben und die Verarbeitung einer ungewollten Schwangerschaft nun auch für Deutschland untersucht. Das Forschungsprojekt läuft noch bis Ende April 2024. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, die psychosozialen Beratungs- und Unterstützungsangebote sowie die medizinische Versorgungssituation zu verbessern.
»Pro Familia fordert, dass bei der überfälligen gesetzlichen Neuregelung des Schwangerschaftsabbruch die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO berücksichtigt werden. Das heißt: vollständige Entkriminalisierung und Abschaffung aller Hürden beim Zugang, zum Beispiel der verpflichtenden Wartezeit« sagt Stephanie Schlitt, die stellvertretende Vorsitzende des Pro Familia Bundesverbands dem »nd«. Der Verband sehe es »außerdem als notwendig an, statt der Beratungspflicht ein Recht auf freiwillige Beratung zu verankern. Ungewollt Schwangere können sich dann zu allen Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit beraten lassen, müssen aber nicht. Das wäre echte Unterstützung, ohne bevormundend zu sein«, erklärt Schlitt.
Wenn ungewollt Schwangere nicht nur zwangsweise eine Beratungsstelle aufsuchen müssen, sondern dabei auch noch von »Lebensschützern« angesprochen werden, verstößt dies gegen ihre Persönlichkeitsrechte. Mit der Kampagne »40 Tage für das Leben« ist das zur Zeit wieder in vielen deutschen Städten der Fall. Bundesfamilienministerin Lisa Paus plant ein Gesetz, das Gehsteigbelästigungen von »Lebensschützern« vor Praxen und Beratungsstellen einschränken soll. Dabei stehen Abtreibungsgegner*innen betend vor den Einrichtungen und sprechen Schwangere und Mitarbeiter*innen an. Solche Versuche, Betroffene psychisch unter Druck zu setzen, sollen künftig als Ordnungswidrigkeit gelten. Die »FAZ« schrieb zum Safe Abortion Day, das Familienministerium bereite einen Referentenentwurf vor und strebe eine Kabinettsbefassung im Herbst an. Wie das »nd« jedoch aus Regierungskreisen erfahren hat, ist der Entwurf des Familienministeriums bereits fertig, werde aber vom Justizministerium blockiert.
Anlässlich des Aktionstags weist der Deutsche Juristinnenbund (djb) auf die schlechte Versorgungslage hin: »Ein grundlegender Aspekt von ›Safe Abortion‹ ist, dass der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen gewährleistet wird. Dies ist nicht der Fall, wenn Frauen außerhalb der Großstädte teils stundenlange Anfahrten zu Ärzt*innen und ihren Praxen auf sich nehmen müssen«, so djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder. Der djb fordert darüber hinaus, dass die Kosten für alle Schwangerschaftsabbrüche von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden – dieser Anspruch soll in den Leistungskatalog des Fünften Sozialgesetzbuches aufgenommen werden.
Statt mehr Geld drohen jedoch Kürzungen: Im Entwurf des schwarz-roten Berliner Senats für den nächsten Doppelhaushalt 2024/2025 soll die Zuwendung an Beratungsstellen um 1,5 Millionen Euro gekürzt werden, das würde auch die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen betreffen. Der Paritätische Wohlfahrtverband hat darauf hingewiesen, dass bereits jetzt verpflichtende Beratungen abgesagt werden müssen, im ersten Halbjahr 2023 knapp 600.
Die Forderungen der Aktivist*innen gehen weit über Schwangerschaftsabbrüche hinaus: Es geht um eine flächendeckende reproduktive Gesundheitsversorgung, umfassende staatliche Unterstützung für Familien und den Abbau von strukturellen Hürden wie Rassismus und Behindertenfeindlichkeit. Abtreibungen sollen normaler Teil der Gesundheitsfürsorge werden.
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