- Kommentare
- ÖVP-Politiker
Karl Neuhammer in Österreich: Völlig abgehoben
Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer lässt tief blicken
Von einem »Marie-Antoinette-Moment« spricht der Politikexperte Thomas Hofer. Denn frei zitiert soll der Pöbel nach Österreichs Kanzler nicht Kuchen essen, sondern McDonalds-Burger. Das sei die billigste warme Mahlzeit im Land, die sich auch jeder leisten könne, weiß Karl Nehammer. Er glaube nicht, dass es in Österreich Kinder gebe, die ohne warme Mahlzeit ins Bett gehen.
Ein Armutsproblem sieht der konservative Politiker in Österreich nicht: Wenn man mehr Geld brauche, gehe man halt mehr arbeiten. Seine Logik verbreitete der Kanzler bei einem wohltemperierten Glas Weißwein im Kreise von ÖVP-Funktionären. Ein Video davon wurde jetzt publik. Die Opposition, der grüne Regierungspartner und die Sozialverbände schäumen.
Solche Töne sind bei Nehammer nicht neu. Er bevorzugt den Kasernenton, selbst wenn er sein Publikum im Ikea-Stil duzt. Lockere Späße kommen dann so daher: »Alkohol oder Psychopharmaka« seien ja Optionen in der Inflationskrise. Das war im Frühjahr. Im Spätsommer verzeichnete Österreich bereits die dritthöchste Inflation im Euroraum.
Vom Boulevard wird der Kalamitäten-Karl mal beklatscht, mal gescholten. Bei Zeltfesten macht er den Tanzbären, jodelt in Loden und sieht sich selbst in der Tradition von Leopold Figl, dem ersten Kanzler nach dem Zweiten Weltkrieg, wenn er den Slogan für die ÖVP-Herbstkampagne ausgibt: »Glaub an dieses Österreich.« Diese Worte Leopold Figls stammen von Weihnachten 1945 – aus einer Zeit also, da Österreich in Trümmern lag, nachdem es sich sieben Jahre zuvor selbst aufgegeben und Nazideutschland angeschlossen hatte. Aber vielleicht steht ja der Slogan für die von Polemik beherrschte politische Landschaft des heutigen Österreichs.
Nehammer war Generalsekretär der ÖVP und Innenminister unter Sebastian Kurz. Das Kanzleramt hat er ererbt. Die nächsten Wahlen stehen spätestens im Herbst 2024 an. Mehr rhetorische Nehämmer sind also programmiert.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.