Lehrer in Hessen kämpft gegen Berufsverbot

Einem hessischen Pädagogen wird vorgeworfen, während einer Demo einen Polizisten angegriffen zu haben

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Wollte auf einer Demo einer verletzten Person helfen und schob einen Rauchtopf beiseite, soll deshalb kein Lehrer werden: Der 27-jährige Luca in Hessen.
Wollte auf einer Demo einer verletzten Person helfen und schob einen Rauchtopf beiseite, soll deshalb kein Lehrer werden: Der 27-jährige Luca in Hessen.

Mehr als 3600 Menschen haben bislang eine Petition mit dem Titel »Lasst Luca Lehrer bleiben – gegen Berufsverbote« unterzeichnet. Sie solidarisieren sich mit einem 27-Jährigen, der an einer Gesamtschule in Frankfurt am Main arbeitet. Die verweigert ihm jetzt aber die Übernahme ins Referendariat, obwohl Lehrkräfte dringend gebraucht werden und obwohl der junge Pädagoge von Kindern und von seinen Kolleg*innen geschätzt wird. Der Grund: eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung zu einer hohen Geldstrafe, weil er auf einer Demonstration am 1. Mai 2021 einen Polizisten angegriffen haben haben soll.

Der Pädagoge, der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, bestreitet die Vorwürfe vehement. Die Polizei habe bei der Abschlusskundgebung damals massiv eingegriffen, nachdem Böller gezündet worden waren, erzählt er. Er selbst habe einer auf dem Boden liegenden verletzten Person zu Hilfe kommen wollen. In ihrer Nähe hätten sogenannte Rauchtöpfe gelegen, »die ihre Notversorgung behinderten«, sagt Luca. Er habe einen der Rauchtöpfe beiseitegeworfen, dabei aber keineswegs auf Polizisten gezielt.

Das Gericht folgte indes der Darstellung der als Zeugen auftretenden Polizisten, die einen Angriff auf ihren Kollegen sahen. Weil er, obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, nun als vorbestraft gilt und die Geldstrafe in seinem Führungszeugnis steht, will ihm die zuständige Behörde nun die Übernahme ins Referendariat verweigern.

Sowohl Luca als auch die Staatsanwaltschaft waren gegen die Gerichtsentscheidung in Revision gegangen. Am 27. September sollte vor dem Landgericht Frankfurt am Main darüber verhandelt werden. Dazu hatte auch die Gewerkschaft GEW mobilisiert, deren Mitglied Luca ist. Doch der Termin wurde vom Gericht ohne Begründung auf den 31. Januar 2024 verschoben.

»Für Luca ist das eine Hängepartie, weil er bis dahin nicht weiß, ob das Urteil aufgehoben wird, das dafür sorgt, dass er nicht Referendar werden kann«, sagt ein Mitglied des Unterstützer*innenkreises gegenüber »nd«. Die Bezirksdelegiertenversammlung GEW Frankfurt hat unterdessen einstimmig beschlossen, ihrem Kollegen in seinem Kampf um die Aufnahme in den pädagogischen Vorbereitungsdienst zur Seite zu stehen.

Während in den 70ern und 80ern in der Bundesrepublik Tausende Lehrer*innen, Post- und Bahnbeschäftigte von Berufsverboten betroffen waren, gab es seit den 90ern nur noch vereinzelt solche Fälle. Doch in letzter Zeit wird vor allem von CDU- und CSU-Politiker*innen die Wiedereinführung der sogenannten Regelanfrage beim Verfassungsschutz für angehende Beamte gefordert. Vordergründig geht es ihnen darum, den Eintritt Rechtsextremer in den Staatsdienst zu verhindern. Die GEW und ehemalige Berufsverbotsopfer warnen aber vor einer Rückkehr zur Praxis der Gesinnungsschnüffelei, von der – wie im Fall Lucas – erneut vor allem Linke betroffen wären.

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