- Kommentare
- Emir von Katar in Berlin
Besuch von Emir: Gespielte Empörung
Peter Steiniger zum Besuch des Emirs bei Bundeskanzler Scholz
Der sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Donnerstag in Berlin mit Scheich Tamim bin Hamad Al Thani das Staatsoberhaupt des neu an Land gezogenen Gaspartners Katar zu Gast und musste dafür viel Kritik einstecken. Die FDP fordert eine Aussetzung des Energiedeals, weil das Emirat gar nicht die westliche Demokratie fördert, sondern die islamistische Palästinenserorganisation Hamas sponsert, die den asymmetrischen Krieg gegen Israel gerade mit einem schlimmen Massaker und der Entführung Hunderter Zivilisten angeheizt hat. Auch in der CDU empörte man sich über das Dinner mit dem Hamas-Freund. Solche Vorwürfe aus dieser Richtung klingen recht geschichtsvergessen. Schließlich haben auch christdemokratische Politiker Umgang mit Despoten aller Kaliber gepflegt; man denke nur an Kanzler Kohls »lieben Freund« Suharto, Indonesiens blutigen Diktator.
Die Rede von der angeblichen Schande für Scholz ist nichts als Theaterdonner für den Boulevard. So wie man mit Erpressern stets doch verhandelt, wird im Krimi der großen Politik aus gutem Grund mit allen gedealt, die etwas in der Hand haben. Für die Diplomatie in der aktuellen Krise ist Katar unverzichtbar, gerade weil es Einfluss auf die Hamas besitzt.
Das spricht die vor dem Emirat für das Gasgeschäft buckelnde Politik der Bundesregierung aber keineswegs frei. Wofür Katar steht, war lange vor dem Hamas-Angriff bekannt. Die nicht von Skrupeln geplagte Pragmatik, auf der die Partnerschaft mit der mittelalterlichen Despotie beruht, hat die Phrase von einer angeblich »wertegeleiteten« Politik als hohl entlarvt. Bei der Festlegung von Freund und Feind, bei der Vergabe des Labels »Terrorist« wird längst nicht mit einer Elle gemessen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.