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Zukunft der Demokratie: »Hoffnungsvolles sehe ich kaum«
Der Politikwissenschaftler Veith Selk diagnostiziert in seinem Buch »Demokratiedämmerung« das Ende des demokratischen Ideals
Die Demokratie ist in der Krise, Studien stellen immer wieder hohe Demokratieunzufriedenheit fest, antidemokratische Kräfte sind im Aufwind: Geht es mit ihr zu Ende?
Erst einmal würde ich sagen, dass wir von der Krisensemantik wegkommen sollten. Der Begriff der Krise ist mittlerweile nicht viel mehr als ein Signalwort, demzufolge etwas Schlimmes passiert. In Hinblick auf die Demokratie denken wir dann schnell an einen Zusammenbruch. Wir sollten eher darüber nachdenken, ob und um welchen Übergang es sich handelt und das als einen Prozess verstehen, in dem sich etwas Neues herausbildet. In der Phase, in der wir uns jetzt befinden, scheint mir genau das der Fall zu sein: Das Alte funktioniert nicht mehr so richtig und wird in vielerlei Hinsicht als defizitär wahrgenommen. Selbst Teile der politischen Eliten beginnen, sich von der Demokratie abzuwenden und Gegenprojekte zu initiieren. Aber ein Ende der Demokratie zu bestimmen ist schwierig. Würde es zu einem Regimekollaps kommen, zu einem Bürgerkrieg oder zur Revolution, dann wäre es relativ offensichtlich. Das sehe ich nicht als wahrscheinlich an. Eher werden Stück für Stück andere und neue Elemente in das politische System eingebaut, sodass mittel- und langfristig etwas Neues entsteht.
Gleichzeitig gibt es ja aber eine öffentliche Krisenwahrnehmung und auch Sie sprechen in ihrem neuen Buch »Demokratiedämmerung« von einem Niedergang der Demokratie.
Was ich zunächst konstatiere ist, dass die Idee der Demokratie an Plausibilität verloren hat und die Demokratieskepsis wächst. Lange Zeit wurde der öffentlichen Demokratieunzufriedenheit zumindest ein Festhalten an der Idee entgegengestellt. Nun lässt sich aber beobachten, dass der Anteil derer sinkt, die die Idee der Demokratie schätzen. Das wäre ein Indikator für das Abnehmen der Plausibilität. Der zweite Aspekt ist, dass demokratische Institutionen nicht mehr so gut funktionieren. Wie es im Politikwissenschaftsjargon heißt: Auf der »Inputseite« des politischen Prozesses werden die Interessen und Anliegen der Menschen sehr ungleich berücksichtigt, der politische Einfluss von Eliten nimmt zu, und auf der »Outputseite« gibt es Unzufriedenheit mit den Ergebnissen des Regierens, also damit, wie die öffentlichen Angelegenheiten erledigt werden. Das sind im Groben die Ebenen, auf denen sich ein Niedergang feststellen lässt: Einerseits schwindet der Glaube, die Idee der Demokratie sei ein zu realisierendes Ideal, andererseits wird den demokratischen Institutionen wenig Vertrauen entgegengebracht.
Im Buch selbst haben Sie diesen Prozess als Devolution beschrieben. Was meinen Sie damit?
In der wissenschaftlichen und politischen Diskussion über Demokratie finden sich die Interpretationsfiguren des Rückfalls und der Regression. Solche Begriffe legen nahe, Politik und Bürgerschaft fielen auf überwunden geglaubte historische Stufen zurück. Aber Geschichte wiederholt sich nicht. Der Begriff der Devolution soll dem eine andere Deutungsperspektive entgegensetzen und kenntlich machen, dass es sich um einen Prozess fortschreitender gesellschaftlich-politischer Entwicklung handelt. Die gesellschaftliche Evolution führt zum Niedergang der Demokratie als Regime und dem Nachlassen der Überzeugungskraft der Idee der Demokratie.
Damit grenzen Sie sich von einer zu demokratieoptimistischen Perspektive ab.
Ja, in den meisten Demokratietheorien und dem öffentlichen Diskurs über Demokratie galt lange Zeit ein optimistisches Verständnis der Moderne: Modernisierung führe dazu, dass sich mit den wirtschaftlichen, kulturellen oder wissenschaftlichen Verhältnissen auch die politischen Verhältnisse verbessern. Es wurde eine Art notwendiger Zusammenhang angenommen. Im Buch habe ich das als Progressionsthese bezeichnet. Dieser Gedanke geht auf ein Essay des 2012 verstorbenen Politikwissenschaftlers Michael Th. Greven zurück. Er entwickelte darin die Idee, dass die Demokratie aus dem »Paket« der Moderne herausfallen könnte und gewissermaßen dem Fortschritt zum Opfer fiele. Die Demokratie könnte sich als Anachronismus der Moderne erweisen.
Die Punkte, an denen das ersichtlich wird, haben Sie Bruchstellen der Demokratie genannt. Wo genau liegen diese?
Es gibt eine Tendenz, an der man erkennt, warum die Demokratie als Idee und als Regime unplausibel geworden ist und nicht mehr so recht funktioniert: die Zunahme von Umstrittenheit, Unsteuerbarkeit, Unverständlichkeit und Ungerechtigkeit. Die Erwartung, dass es einigermaßen gerecht und fair zugeht, wird zunehmend enttäuscht. Politik hat eine elitäre Schlagseite. Hinzu kommt das Problem, dass politische Prozesse nicht mehr ohne größeren Aufwand durchschaut und nachvollzogen werden können. Nicht weil die Menschen prinzipiell dazu nicht in der Lage wären, sondern weil das politische Leben unübersichtlicher wird und sich weiter von konkreten Lebenszusammenhängen entfernt. Zudem wird ein Kontrollversprechen gebrochen. Wir wollen alle Kontrolle haben über unsere Lebensführung und erleben es als höchst unangenehm, wenn das nicht mehr der Fall ist. In der Demokratie ist das ähnlich, auch dort gibt es eine Erwartung an Kontrolle, die an das rückgebunden werden soll, was in der Bürgerschaft gewollt wird. In Zeiten der sogenannten Vielfachkrise ist das Vertrauen in die demokratische Kontrolle öffentlicher Angelegenheiten jedoch umfassend beschädigt. Und letztlich beruht Demokratie als Herrschaftsform auf Institutionen und Verfahren, die nicht nur effektive Entscheidungen ermöglichen, sondern auch Legitimation stiften. Dieser Aspekt ist ziemlich stark in Mitleidenschaft gezogen worden durch eine umfassende Politisierung der Gesellschaft. Plakativ kann man sagen, das zeigt sich an Wutbürgern vor Parlamenten und Reichsbürgern in Gerichten. Wer bei Wahlen Erfolg hat, wird nicht mehr automatisch als legitim angesehen.
Diese Bruchstellen erinnern stark an Krisendiagnosen der Demokratie, die bereits die letzten Jahrzehnte begleiteten: 2004 sprach der Politikwissenschaftler Colin Crouch von der »Postdemokratie« als ausgehöhlter und nur noch als formale Inszenierung existierender Demokratie. Der Soziologe Oliver Nachtwey diagnostizierte 2016 in »Die Abstiegsgesellschaft« den Bruch mit dem zentralen Versprechen des sozialen Aufstiegs. Worin besteht das Neue des jetzigen Zustands und Ihrer Diagnose?
Die Kernthese des Buches ist, dass sowohl wissenschaftliche als auch populäre Theorien über Demokratie nicht mehr überzeugend sind. Sie werden unplausibel, da sich die politische Wirklichkeit nicht als demokratisch beschreiben lässt und auch nicht zu sehen ist, wie sie sich redemokratisieren ließe. Die meisten Kritiker der Postdemokratie meinen, wir könnten zur Demokratie zurückkehren. Ich bezweifle das. Die alte Figur der Demokratiekritik ist: Demokratie funktioniert ganz gut, aber es gibt viele Mängel oder ein Unbehagen daran, dass die Versprechen der Demokratie nicht oder nur unzureichend eingelöst werden. Die Kritik hatte dann das Ziel, diese Versprechen doch einlösen zu wollen oder sie zumindest zu entlarven. Dabei ist jeweils die Annahme, dass man entweder den Status quo erhalten oder ihn dem Ideal annähern kann – Stabilisierung oder Demokratisierung. Wobei das Lager der Demokratieverbesserer äußerst heterogen ist. Dazu gehören auch rechtspopulistische Projekte, da sie versprechen, souveräne Kontrolle zurückzuerlangen. So ein Gedanke steht ja hinter Forderungen wie dem Austritt aus der EU. Politische Räume zu verkleinern und zu vereinfachen sind theoretisch gute Ansatzpunkte, praktisch hat der britische Fall aber eher zur Enttäuschung geführt. Und auch die Annahme, der Status quo ließe sich stabilisieren, ist unglaubwürdig geworden.
Aber warum wird es unglaubwürdiger? Hat sich der Widerspruch zwischen Idee und Wirklichkeit verschärft?
Es gab immer eine Kluft zwischen Idee und Wirklichkeit. Der Glaube an die Demokratie besteht darin, man könne die Kluft verringern oder zumindest verhindern, dass sie sich vergrößert. In den letzten Dekaden wurden Erfahrungen gemacht, die zur Erschütterung dieses Glaubens geführt haben. Es gibt zwar sehr viele Erfolge im Bereich der kulturellen Liberalisierung. Aber selbst dort, wo es zu einer Ausweitung von Mitbestimmung und Beteiligung gekommen ist – wenn wir uns Protestbewegungen, zivilgesellschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung ansehen –, wurden die Erwartungen aus der »partizipatorischen Revolution« der 1970er Jahre enttäuscht. Das Ziel war eine Demokratisierung der Gesellschaft, entstanden ist jedoch eine elitäre Partizipationsaristokratie. Und sowohl im politischen Diskurs als auch in den wissenschaftlichen Theorien hat es in jüngerer Zeit eine gewisse Absetzungsbewegung vom Demokratieparadigma gegeben, nicht nur von rechten Kräften, sondern auch im linksliberalen Lager. Politisch sieht man das etwa in der Klimabewegung. Dort gibt es eine Tendenz, zu sagen, dass wir undemokratische Institutionen benötigen, da die repräsentative Demokratie das Problem des Klimawandels nicht lösen wird. Auch in Teilen der akademischen Theoriebildung, die eher progressiv-linksliberal sind, gibt es eine Abkehr vom Demokratiegedanken. Das Buch »Anpassung« von Philip Staab etwa behauptet sehr deutlich, dass die Herausforderungen der Zukunft als zu groß wahrgenommen werden und man daher stärker auf Technokratie oder Expertenherrschaft setzen müsse.
Wenn nun aber dieser Niedergang selbst das Produkt der Entwicklung dieses Systems ist, das wir die ganze Zeit schon vorfinden, was ist dann die Konsequenz daraus? War es das dann einfach mit der Demokratie?
Sagen wir mal so, wenn diese Entwicklungstendenzen anhalten: Ja. Das kann natürlich trotzdem bedeuten, dass Demokratie als Selbstbeschreibungsformel des Systems noch weiter verwendet wird. Das halte ich sogar für sehr wahrscheinlich, der Begriff hat eben trotz aller Zweifel und Unplausibilitäten weiterhin Attraktivität und eine rhetorische Funktion. Und es gibt es noch keine schlagkräftige Alternative. Wobei genau das gerade passiert: Ein Ausprobieren neuer politischer Ordnungsideen, wie Testballons. Aber mit dem Abgesang und der Untergangsdiagnose ist das so eine Sache. Das eine ist ja, den Zustand der Gesellschaft in einer Diagnose feststellen zu wollen. Zugleich unterliegt alles, was wir realistischerweise beobachten können, der Veränderung durch die Handlungen der Menschen samt deren nicht intendierten Konsequenzen. Der Demokratiezweifel lässt sich an vielen Ecken und Enden beobachten, aber die Menschen ebenso wie politische Organisationen reagieren auf diese Diagnosen – und sie tun es unterschiedlich. Es ist sehr schwer, das vorhersehen zu wollen, was in den kommenden Jahren und Jahrzehnten passieren wird.
In Ihrem Buch verwenden sie Hegels Bild von der Eule der Minerva, also die menschliche Erkenntnis, die eben erst mit der Dämmerung ihren Flug beginnt. Bietet der Zustand jener »Demokratiedämmerung« nun die Möglichkeit zu erkennen, was eigentlich die ganze Zeit das Problem mit der Demokratie war? Ich habe das als Plädoyer für eine Art Aufklärung gedeutet, worüber man sich demokratietheoretisch in die Tasche gelogen hat. Im Sinne von: Jetzt müssen wir vernünftig auf das grundlegende Problem schauen.
Ja. Hinterher ist man eben immer schlauer. Allerdings gilt auch: In der Politik selbst gibt es keine vernünftige Betrachtung, sie ist hochgradig irrational. Natürlich gibt es instrumentelle Rationalität oder bestimmte vernünftige Forderungen, aber der politische Prozess im Ganzen ist irrational. Dort eine objektive Vernunft zu erwarten, ist völlig fehlgeleitet und eine Vorstellung, die uns gewisse Demokratietheoretiker*innen eingebrockt haben. Und in der Wissenschaft gibt es grob zwei Vorgehensweisen, das erklärende Beschreiben oder das normative Entwerfen von Idealen. Letzteres ist weniger mein Geschäft (lacht). Aber man könnte es ja auch positiv wenden: Die Idee der Demokratie ist in so vielen Varianten durchgespielt worden, dass es vielleicht nun an der Zeit ist, experimentell nach politischen Ordnungsvorstellungen Ausschau zu halten, die anders ansetzen – auch für die Linke.
Vor allem scheint sich ja autoritäre Herrschaft als Alternative zur Demokratie am Horizont abzuzeichnen. Ich persönlich habe kein Bedürfnis, experimentell herauszufinden, welche spannenden Entwürfe sich aus dem Autoritarismus ergeben.
Sie wären also notgedrungen ein Stabilisierer.
Im Sinne von: Man kann keine Revolution wollen, wenn die Bedingungen dafür nicht gegeben sind. Eine verselbständigte Destabilisierung, die absehbar in Autokratie mündet, scheint mir eine gruselige Vorstellung zu sein. Sehen Sie hoffnungsvollere Alternativen?
Also Hoffnungsvolles sehe ich, gegenwärtig, kaum. Das Demokratieparadigma ist in Theorie und Praxis erschöpft und bietet wenig Anknüpfungspunkte – zumindest für das Vorhaben von Stabilisierung oder Demokratisierung.
Das bringt mich zu einer grundlegenderen Kritik Ihres Ansatzes: Sie werfen der Demokratietheorie vor, zu idealistisch zu sein. Aber braucht es dann nicht eine materialistische Erkenntnis der gesellschaftlichen Entwicklung? Die Rede von Modernisierung ist auch eine Art Idealisierung oder Mystifizierung, da der Prozess der Entwicklung selbst nicht durchsichtig ist. Wo spielt denn die kapitalistische Organisation der Gesellschaft eine Rolle in dieser Auseinandersetzung um Demokratie?
Ich denke, die Kritik ist berechtigt. Was ich versuche, ist eine Beschreibung von Phänomenen und das Aufzeigen von Zusammenhängen. Sie haben leider Recht, dass dieses zeitdiagnostische Vorgehen die Gesellschaft nicht vollends aufklärt. Ich würde aber nicht zustimmen, dass es nun stärker eine Kapitalismuskritik bräuchte. Es gibt eine linke Tradition, die »dem« Kapitalismus alle möglichen Probleme in die Schuhe schiebt. Das sollte man meiner Meinung nach nicht weitertreiben. Zudem mangelt es nicht an Abhandlungen zur Kritik des Kapitalismus; hierzu wurde eigentlich alles Nötige gesagt. An der praktischen Umsetzung hapert es. Es wäre aber wichtig, stärker in eine gesellschaftstheoretische Richtung zu denken. Wobei es auch zu den Erkenntnissen der Gesellschaftstheorie schon seit etwa den 1960er Jahren gehört, dass sich die Gesellschaft nicht auf den Begriff bringen lässt. Sie sperrt sich dagegen, systematisch erfasst zu werden.
Die Herausforderung wäre ja, diese Schwierigkeit der Begriffsbildung selbst als Moment der gesellschaftlichen Entwicklung zu erklären: Die Gesellschaft auf den Begriff bringen, ohne zu reduzieren oder zu idealisieren.
Das mag stimmen. Aber vielleicht muss ich in dem Zusammenhang anmerken, dass mein Buch keine allgemeine Niedergangsdiagnose der Gesellschaft ist, auch wenn man gegenwärtig den Eindruck gewinnt, dass vieles den Bach runtergeht. Mir ging es in dem Buch nicht darum, zu zeigen, dass alles immer schlechter wird. Viele gesellschaftliche Entwicklungen waren gar nicht Thema meiner Arbeit. Ich hoffe, dass ich nicht den gegenteiligen Eindruck erweckt habe.
Nein, das haben Sie nicht. Aber ich habe den Eindruck aus Ihrem Buch mitgenommen, dass Demokratie – in Hinblick auf die Ansprüche, die darin verwirklicht werden sollen – das falsche Projekt ist.
Sie meinen für Linke beziehungsweise emanzipatorische Anliegen?
Ja.
(Denkt nach.) Auf eine gewisse Art: Ja, das denke ich schon. Die radikale Demokratietheorie hat behauptet, dass über die Idee der Demokratie eine Verknüpfung aller progressiven sozialen Bewegungen hergestellt werden kann. Ich denke, das hat sich als Irrtum herausgestellt. Zumindest in der Hinsicht, dass eine sozialistische Transformationsstrategie damit verfolgt werden kann. Ich will natürlich nicht sagen, dass die bürgerlichen Fortschritte und Errungenschaften wie Rechtsstaat, Menschenrechte oder Volkssouveränität nun einfach über Bord geworfen werden sollten. Aber für eine emanzipatorische Linke – die die bürgerliche Gesellschaft nicht einfach negiert, sondern sie überschreiten und ihre Vorzüge bewahren und verbessern will – ist die liberale Demokratie nicht der richtige Bezugspunkt.
Zugleich ist das ein altes Spannungsverhältnis, als Linke gewissermaßen das geringere Übel verteidigen zu müssen. Die Entwicklung zeigt, dass die Versprechen der Demokratie durch ihre eigenen Prozesse unterwandert werden. Schlimmstenfalls landet man dann am Ende beim Kollaps dieses Systems. Das ist ja ein handfestes Problem, nicht nur für all die Antifaschist*innen, die seit 20 Jahren in staatlichen Demokratieförderprojekten arbeiten.
Unbedingt. Aber der Punkt ist auch jener: Der dominante Teil der progressiven sozialwissenschaftlichen Theoriebildung über die letzten 20 Jahre hat alle möglichen Innovationen vorgeschlagen, wie man das System verbessern könnte. Nichts davon hat sich als wirklich zündende Idee erwiesen. In der Wissenschaft gibt es ein Wuchern des Demokratiediskurses in alle möglichen Richtungen, es wird immer komplizierter und ausgefeilter. Viele der dabei vorgebrachten Ideen sind gegenüber den Bürger*innen kaum vermittelbar und sie fordern auch die Machtverhältnisse nicht heraus. Im Gegenteil, von politischer Seite aus gibt es eher Umarmungs- und Adaptionsstrategien. Bürgerräte werden zum Beispiel eingesetzt, um ein Demokratiefeeling zu erzeugen und symbolisch Beteiligung in Szene zu setzen, aber mehr passiert dabei eigentlich nicht. Mein Buch ist auch ein Versuch, dieses Scheitern einzugestehen. Es würde mich freuen, wenn daran kritisch angeknüpft und auch darüber hinausgedacht wird.
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