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Honduras sucht Ermittler

Präsidentin Xiomara Castro will UN-Kommission ins Land holen

  • Martin Reischke
  • Lesedauer: 4 Min.

Dass Honduras vielen als Inbegriff einer »Bananenrepublik« gilt, liegt nicht nur am großen Einfluss US-amerikanischer Obstkonzerne wie der United Fruit Company, die über weite Teile des 20. Jahrhunderts die politischen Geschicke im Land bestimmten. Auch heute hat das zentralamerikanische Land ein riesiges Problem mit der Korruption: Im aktuellen Korruptions-Wahrnehmungs-Index der nichtstaatlichen Organisation Transparency International belegt Honduras Rang 157 unter den insgesamt 180 untersuchten Staaten. Die meisten in dem Bericht aufgeführten Korruptionsfälle bleiben – ebenso wie viele andere Straftaten in dem zentralamerikanischen Staat – ungesühnt.

Xiomara Castro von der linksliberalen Partei Libre hatte die Korruption deshalb zu einem ihrer wichtigsten Wahlkampthemen gemacht – und war vor knapp zwei Jahren überraschend zur Präsidentin des Landes gewählt worden. Den Honduranerinnen und Honduranern hatte sie die Einrichtung einer Internationalen Kommission gegen Korruption und Straflosigkeit in Honduras (Cicih) versprochen, ausgestattet mit einem Mandat der Vereinten Nationen. Damit griff sie eine alte Forderung der honduranischen Bevölkerung aus dem Jahr 2015 auf, als ein Korruptionsskandal um veruntreute Millionengelder aus der Sozialversicherung zehntausende Menschen über Wochen hinweg auf die Straße getrieben hatte.

Doch die Einrichtung der Cicih geht auch im zweiten Jahr von Castros Präsidentschaft nur langsam voran. Manche Beobachter sehen Konflikte innerhalb der Regierung als Grund dafür. Im Dezember des vergangenen Jahres hat Castros Kabinett mit dem UN-Sekretariat immerhin eine Vereinbarung unterzeichnet, die zwei Phasen vorsieht: In der ersten Phase, die im Sommer begonnen hat, evaluiert eine UN-Expertengruppe die Lage im Land und prüft, welche Reformen nötig sind, damit Cicih künftig erfolgreich arbeiten kann.

Schwieriger dürfte es dann mit der zweiten Phase werden, deren Starttermin noch in den Sternen steht: Hier wird es darum gehen, der Kommission ein starkes Mandat zu geben, das ihr möglichst weitreichende Autonomie für Ermittlung und Anklage gibt. Dafür braucht es die Zustimmung des honduranischen Parlaments, in dem die Regierungspartei keine eigene Mehrheit hat. Für ein Ja spricht der starke öffentliche Druck, mit dem eine Anti-Korruptionsbehörde einfordert wird. Dagegen stehen die Interessen vieler korrupter Abgeordneter.

Dass selbst eine starke Anti-Korruptions-Kommission mit UN-Mandat schnell in schwieriges Fahrwasser geraten kann, zeigt ein Blick aufs Nachbarland Guatemala. Hier hatten die Ermittlungen, die die dortige Anti-Korruptions-Kommission Cicig zusammen mit der guatemaltekischen Staatsanwaltschaft anstellte, 2015 den Rücktritt der Regierung zur Folge. Heute aber ist die Kommission Geschichte. Der »Pakt der Korrupten« aus guatemaltekischen Politikern und Unternehmern hat nach wie vor großen Einfluss – viele der beteiligten einheimischen Richter und Staatsanwälte werden mit erfundenen Vorwürfen nun selbst gerichtlich verfolgt oder ins Exil gedrängt.

Eine von ihnen ist Claudia Paz y Paz. Als Generalstaatsanwältin Guatemalas hatte sie lange mit der Cicig zusammengearbeitet. Nach dem Ende ihrer Amtszeit 2014 musste sie zu ihrer eigenen Sicherheit das Land verlassen. Dennoch sieht Paz y Paz in der Initiative der honduranischen Regierung eine große Chance. Von den Erfahrungen Guatemalas könne die neue Kommission in Honduras profitieren. »Wir haben gelernt, dass kriminalistische und strafrechtliche Untersuchungen genauso wie die Rechtsprechung sehr wichtig sind – aber sie haben eben auch ihre Grenzen«, sagt die Juristin. »Jeder Schritt unserer Untersuchungen hätte von politischen Reformen begleitet werden müssen, um der Korruption vorzubeugen.« Honduras solle diese Lektion sehr ernst nehmen, damit nicht das Gleiche passiere wie in Guatemala.

Mit solchen Reformen, etwa zur Wahlkampffinanzierung, wird sich die UN-Expertengruppe beschäftigen müssen. Ihre Vorschläge müssen anschließend vom Parlament abgesegnet werden. Das sei die wahre Bewährungsprobe für das ganze Vorhaben, glaubt der honduranische Menschenrechtsanwalt Joaquín Mejía: »Wir müssen abwarten, was passiert, wenn das Parlament über die nötigen Reformen abstimmt und die Unterstützung aller Parteien gebraucht wird.«

Dabei wird es auch auf den politischen Druck der EU, besonders aber der USA ankommen. Mejía sieht momentan wenig Grund zur Sorge, dass die USA die honduranische Präsidentin in ihrem Kampf gegen die Korruption alleine lassen könnten. Weil sich sowohl Guatemala als auch El Salvador immer stärker zu autoritären Staaten entwickelten und Nicaragua längst klare Züge einer Diktatur aufweist, hätten die USA gar keine Alternative, als Honduras in seinem demokratischen Prozess zu unterstützen. »Neben Costa Rica ist Honduras heute das einzige stabile Land in der Region«, sagt Anwalt Mejía. »Schon deshalb sehen sich die USA gezwungen, sich mit Honduras zu koordinieren.«

Ob die Einrichtung der Cicih allerdings noch unter der aktuellen Präsidentin Xiomara Castro gelingen wird, ist völlig offen – und nach den Präsidentschaftswahlen in den USA im kommenden Jahr könnten sich auch dort die politischen Vorzeichen wieder ändern.

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