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»Old and Gold«: Herzenswarme Altersweisheiten
Im Podcast »Old and Gold« sprechen Senioren mit einer jungen Journalistin über Freundschaft, Liebeskummer oder Einsamkeit
In den 80ern startete die Fernsehserie »Golden Girls« über Miamis bekannteste Oldie-WG. Zu diesem Zeitpunkt war Podcasterin Lisa Lauter noch gar nicht geboren, ihre Idee schon. Während vier »Golden Girls« zeigten, dass Frauen auch in gehobenem Alter lebensneugierig sein können, geht Lauter in »Old and Gold« einen Schritt weiter. Die Anfang-30-Jährige besucht nicht nur »Golden Girls«, sondern auch »Golden Boys« in ihrem Zuhause und sammelt »goldwerte Geschichten über das Leben«.
Mit dem Podcast erfüllte sich Lisa Lauter letztes Jahr einen Lebenstraum. Da sie die Liebesratschläge ihrer verstorbenen »Märchenomi« vermisste, nahm sie sich eine Auszeit, um den generationsübergreifenden Podcast »Old and Gold« ins Leben zu rufen. Seitdem trifft Lauter fremde Omas und Opas in vertrauter Gesprächsatmosphäre. Gemeinsam sprechen Sie auch über ernste Themen wie Einsamkeit und Trauerbewältigung. Dabei scheut sich die Podcasterin nicht vor tiefgründigen Fragen.
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In der ersten Folge redet Jutta (72) über ihre Familie, ihre zweite Heirat und ihren Ex-Mann. Danach lenkt Lisa clever zur Altersfrage um, fragt, was es für die Seniorin bedeutet, alt zu sein beziehungsweise alt zu werden. Da Lisa zuvor abgeklärt hat, welche Themen sie ansprechen darf, plaudert Jutta munter über ihre 15 Jahre ältere Freundin, die auch mit über 80 Jahren jeden Morgen Yoga macht. Ihr Leitspruch »Turne, turne bis zur Urne« inspiriert. Offenherzig spricht Jutta auch über die Demenz ihrer Freundin, darüber, was die Krankheit für ihre Freundschaft bedeutet und was die beiden miteinander verbindet. Es fühlt sich an, als würden sich Jutta und Lisa seit Jahren kennen.
Lisa fragt Oma Jutta nach Tipps gegen Liebeskummer. Dass ausgerechnet ein Pfarrer, mit dem Jutta befreundet ist, eine Rolle spielt, hätte wohl niemand geahnt. »Old and Gold« ist so überraschend wie das Leben selbst. Lisa lässt immer Raum für Rückfragen, und so lernt Jutta von Lisa, wie Jutta ihre Enkelin bei Liebeskummer unterstützen kann; dann spielt Lisa geschickt den Ball zu Jutta zurück.
Mittlerweile haben sich die beiden wieder getroffen, um Hörer*innen-Fragen rund um Partnerschaft, Lebensentscheidungen und das Oma-Sein zu beantworten. Natürlich ist es auch für Nicht-Omas und Nicht-Opas möglich, beim Podcast mitzumachen. Auf ihrer Webseite lädt Lauter dazu ein, ihr bei persönlichem Interesse oder zur Vermittlung von aufgeschlossenen Senior*innen eine kurze Nachricht zu schreiben. »Old and Gold« ist ein Herzensprojekt, und das spürt man bei jeder Unterhaltung.
Ralf redet mit Lisa offen über den Verlust seiner Partnerin und ihre Verbindung über den Tod hinaus, Frohe (85) hingegen erzählt von ihrer Kindheit zwischen Kriegstrümmern und wie sie durch unermüdliches Handeln in eine Depression stürzte. Einen Schmunzelmoment kreiert Frohe, als sie darüber berichtet, wie sie sich vor der Kleiderordnung drückte, indem sie sich die Naht einer nicht vorhandenen Strumpfhose auf die Beine malte.
Dass solch persönliche, wunderbare Momente entstehen, kommt nicht von ungefähr. Denn bei der Produktion der Gesprächsfolgen steht für Lauter Respekt an erster Stelle. Vor Ort versichert sie sich in Rücksprache mit dem Pflegepersonal, dass die jeweilige Person im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte steht. Danach erklärt sie in einem Erstgespräch ihr Projekt, wie eine Podcast-Aufnahme abläuft, und steckt mögliche Themengebiete ab. Erst dann drückt Lauter auf den Aufnahmeknopf.
Dass jede Folge autorisiert wird, anonymisiert werden kann und sensible Themen jederzeit herausgeschnitten werden können, gehört für sie zum guten Ton. Schließlich stehen für Lisa Lauter die Wünsche ihrer Interviewpartner*innen an erster Stelle. Als eine von ihnen verstarb, wurde ihre Podcast-Folge auf der Trauerfeier gespielt. Lebendige Erinnerungen, die es ohne »Old and Gold« nie gegeben hätte.
Verfügbar bei allen gängigen Streaming-Plattformen und auf https://oldandgoldpodcast.com/
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