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Katinka Buddenkotte: Sprechen ist wie denken, nur in laut
Comedy ist gar nicht diskreditierend: ein neues Buch von Katinka Buddenkotte
Katinka Buddenkotte ist Kabarettistin, Comedienne und Romanautorin. Und sie hat an Poetry Slams teilgenommen. Sie ist aber keine Slammerin, glaube ich. Und sie ist komisch! Also lustig. Oder witzig. Jedenfalls hat sie Humor. Und den braucht man ja auch. Als Mensch. Und besonders als Frau. Außerdem ist sie Mitglied der Kölner Lesebühne »Rock’n’Read« und hatte mit der Kurzgeschichtensammlung »Ich hatte sie alle« auch schon mal einen veritablen Bestseller. Was gerecht ist. Ungerecht ist hingegen, dass sie viel zu wenig Kabarettpreise gewonnen hat. Eigentlich nur einen. Einen zweiten Platz bei irgendwas. Darüber sollten die Jury-Mitglieder von Kabarettpreisen mal nachdenken. Was sie da falsch gemacht haben. Es gehört sich nämlich nicht, Katinka Buddenkotte so zu ignorieren.
Aber auch die gemeinen Leserinnen und Leser sollten sich überlegen, ob sie nicht Katinka Buddenkottes neues Buch erwerben sollten. Vielleicht sogar lesen. Ganz bestimmt sogar lesen. Und dafür weniger fernsehen. Außer wenn diese besagte Dame wieder auftritt. Dann kann man das TV-Gerät mal wieder einschalten. Einschalten sollte man es jedoch nicht bei »Inspector Barnaby«. Diese Serie gilt als die langweiligste Krimiserie, die es jemals in das deutsche Fernsehprogramm geschafft hat. Frau Buddenkotte hat das in einem aufwändigen Selbstversuch herausgefunden. Wenn sie nicht einschlafen ist. Beziehungsweise weil sie eingeschlafen ist. Jedes Mal.
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Nun hat sie ein neues Buch geschrieben. Es heißt »Ihr wisst doch gar nicht, was ihr denkt!« und ist im Satyr-Verlag erschienen. Den hier versammelten Geschichten merkt man an, dass ihre Autorin aus der Bühnenwelt kommt und in ihren Soloprogrammen eine Mischung aus Lesung und Stand-Up-Comedy zelebriert. Und »Comedy« meine ich hier durchaus nicht diskreditierend.
»Nennt mich romantisch verklärt, aber genauso ergeht es mir mit Penissen. Ich habe einen sehr guten. Zu Hause. An dem auch das ganze Drumherum stimmt. Ehrlich gesagt gefällt mir das Gesamtarrangement so gut, dass ich da gar nicht mehr so genau auf dieses eine Detail achte. Ich meine, ich freue mich immer, wenn ich ihn sehe, und vertraue meinem Mann, dass er ihn stets dabeihat. Aber ich durchwühle doch nicht seine Hose, um das zu überprüfen. Das zerstört doch das Vertrauen in einer Beziehung.« So schreibt »die Buddenkotte«, wenn sie über das eigentlich sehr unlustige Phänomen der Dickpics nachdenkt, also über die Idee mancher Männer, weiblichen Personen ungebeten Bilder des eigenen Gemächts schicken zu müssen.
Außerdem lässt sie sich zum Beispiel über Jugenderlebnisse, Konzertbesuche, Supermärkte, Kneipengänge, Vogelbeobachtungen, Gleichstellungsbeauftragte und ihre Altersvorsorge aus. Auch vor dem Gendern und dem Preppern macht sie thematisch nicht halt. Am wichtigsten scheint ihr jedoch das Familienleben der Buddenkottes zu sein. Vielleicht einfach deshalb, weil sich daran beispielhaft die Schwierigkeiten der humanoiden Kommunikation im Allgemeinen und die Unzulänglichkeiten der deutsche Sprache im Speziellen aufzeigen lassen.
Das sind die Themen, denen sich schon der große Loriot, der ja jetzt 100. Geburtstag hat, mit all seiner Schaffenskraft gewidmet hatte. Katinka Buddenkotte weiß dem allzumenschlichen Sein aber durchaus noch neue Seiten abzugewinnen. Das gilt für die Telefongespräche mit der Mutter (auch »Mama« oder »Mutti« genannt) genauso wie für den Fernsehabend mit ihren Eltern. Wir sollten das also alle viel öfter tun. Nicht das Fernsehgucken, sondern das Lesen der Bücher von Katinka Buddenkotte. Speziell ihres neuen. Und auch die Mutter sollten wir viel öfter anrufen. Also nicht die der Autorin, sondern die eigene (wenn vorhanden).
Katinka Buddenkotte: Ihr wisst doch gar nicht, was ihr denkt! Satyr-Verlag , 176 S., br., 16 €.
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