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  • »Sonderweg« bei Pflegeversicherung

Sachsen: Beschäftigte im Freistaat büßen für Buß- und Bettag

DGB fordert Ende des »Sonderwegs« bei Pflegeversicherung

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Sächsische Arbeitnehmer können an diesem Mittwoch ihrem Job fernbleiben, werden dafür aber zur Kasse gebeten. Grund dafür ist, dass der Buß- und Bettag im Freistaat als Feiertag erhalten geblieben ist, aber von Beschäftigten durch höhere Beiträge für die Pflegeversicherung bezahlt werden muss. Wer beispielsweise das durchschnittliche sächsische Jahresbrutto von derzeit 45 485 Euro für einen Vollzeitjob erhält, zahlt 227,42 Euro mehr ein als Arbeitnehmer in anderen Bundesländern. Ein Unding, findet der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Es sei, sagt Landesvize Daniela Kolbe, »Zeit, dass die Ungerechtigkeit beendet wird«.

Ihren Ursprung hat diese in der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995. Um die mit den Arbeitgeberbeiträgen verbundene »Belastung für die Wirtschaft« zu kompensieren, wurden die Länder verpflichtet, einen »landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, aufzuheben«, wie es in Paragraf 58 des Sozialgesetzbuchs XI heißt. 15 von 16 Bundesländern strichen daraufhin den Buß- und Bettag. Nur in Sachsen beharrte die damalige, von Kurt Biedenkopf geführte CDU-Regierung auf Beibehaltung des evangelischen Feiertags. Dieser soll an Notzeiten erinnern und zur Besinnung auf den Glauben sowie zur Reue für Sünden anhalten.

In diesem Fall müssen die Arbeitnehmer gewissermaßen für den freien Tag büßen. Weil ihr Beschäftigungsort in einem Land liege, in dem kein Feiertag entfalle, hätten sie den Beitrag zur Pflegeversicherung allein zu tragen und dafür ein Prozent ihres Einkommens aufzubringen, heißt es in Paragraf 58 Absatz 3. Zwar wurden spätere Erhöhungen des Beitragssatzes dann doch paritätisch auf Arbeitnehmer und -geber aufgeteilt, die Differenz aber blieb gleich. Derzeit zahlen sächsische Beschäftigte 2,2 Prozent ihres Jahreseinkommens, die Unternehmer nur 1,2 Prozent. In allen anderen Bundesländern sind es je 1,7 Prozent. Kinderlose müssen zudem einen Aufschlag von weiteren 0,6 Prozentpunkten berappen. Wie teuer genau sie der Feiertag kommt, können Beschäftigte mit einem Online-Rechner des DGB ermitteln.

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Dieser drängt seit Jahren auf eine Neuregelung und verweist auch darauf, dass zuletzt andere Bundesländer neue Feiertage eingeführt hätten, ohne Beschäftigte zur Kasse zu bitten. Beispiele sind der Kindertag in Thüringen und der Frauentag in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. In Sachsen gibt es wie in fünf weiteren Ländern elf Feiertage. In sieben Ländern sind es zehn, in Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland zwölf.

Unterstützung für die DGB-Forderung gab es bisher stets nur bei Teilen der Landespolitik. Die Linke sprach von einer »ungerechten Regelung«, die manche noch härter treffe: »Wer in Sachsen wohnt, aber regelmäßig in einem anderen Bundesland arbeitet, läuft sogar Gefahr, doppelt bestraft zu werden: durch den höheren Beitrag und Arbeit am Buß- und Bettag«, sagte Susanne Schaper, Sozialexpertin im Landtag. Ihr SPD-Kollege Henning Homann merkte an, der freie Tag koste Beschäftigte mehr als ein Tag unbezahlter Urlaub. Er wies zudem darauf hin, dass die »Zusatzbeiträge« der sächsischen Beschäftigten, in Summe immerhin 300 Millionen Euro, nicht einer Verbesserung der Pflege dienten, sondern lediglich eine »Subvention der Unternehmen« darstellten.

Inzwischen seien alle Landtagsfraktionen offen für eine Neuregelung, stellte DGB-Vize Kolbe jetzt unter Verweis auf eine Umfrage der Chemnitzer »Freien Presse« fest. Sie drängt daher auf eine Initiative des Freistaats im Bundestag, um die nachteilige Regelung zu kippen. Der Buß- und Bettag, so der DGB, solle in Sachsen erhalten bleiben, aber ohne dass Arbeitnehmer dafür zahlen müssen.

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