Berliner Polizist ermittelte zwei Jahre lang nicht gegen rechts

Ein Berliner Staatsschutzbeamter hat 300 mutmaßlich rechte Straftaten nicht bearbeitet. Die Linke sieht Behördenversagen

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Berliner Polizist hat mindestens zwei Jahre lang Anzeigen rechter Straftaten nicht bearbeitet. Der Beamte beim Staatsschutz des Landeskriminalamtes ließ in diesem Zeitraum 300 Fälle liegen. Nachdem zuerst das Boulevardblatt »B.Z.« berichtet hatte, bestätigte die Pressestelle der Polizei den Vorwurf. Laut »Tagesspiegel« ermittelt die Behörde gegen den früheren Kommissariatsleiter unter anderem wegen der Verdachts auf Strafvereitelung im Amt.

Die Berliner Linke-Abgeordneten Niklas Schrader und Ferat Koçak zeigten sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung schockiert: »Dass 300 Fälle rechter Straftaten beim Staatsschutz nicht bearbeitet wurden, ist ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen von rechter Gewalt in Berlin.« Schrader und Koçak betonten, dass nicht nur die Tat des einzelnen Beamten zu betrachten sei, sondern der Vorfall für ein Versagen der gesamten Behörde spreche: »Die Berliner Polizei hat ihre ureigenste Aufgabe nicht erfüllt – und das über Jahre, ohne dass das jemand problematisiert.«

Die beiden Politiker nahmen Bezug auf das Versagen der Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen im Neukölln-Komplex, das aktuell in einem Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses aufgearbeitet wird. In Erinnerung an diese Missstände sei das »ein weiterer Baustein, der das ohnehin schon beschädigte Vertrauen in die Sicherheitsbehörden zerstört«, so Schrader und Koçak.

Nach Informationen des »Tagesspiegel« ist derzeit noch unklar, um welche Strafanzeigen es sich handelte. Ein Zusammenhang mit der rechten Terrorserie in Neukölln bestehe aber nicht.

Bemerkt wurde die vermutliche Ermittlungs-Sabotage erst bei einem Führungswechsel im Kommissariat 533, das für die Ermittlungsverfahren bei rechtsextrem motivierten Straftaten verantwortlich ist. Nach Polizeiangaben werde nun gegen den früheren Kommissariatsleiter sowie den zuständigen Sachbearbeiter ermittelt. Über die Motivation der zwei Beamten ließe sich jedoch nur spekulieren. Laut Pressestelle sollten die Hintergründe untersucht werden, etwa, ob eine Überlastungssituation vorlag. Die 300 unbearbeiteten Fälle würden nun geprüft und gegebenenfalls an die Staatsanwaltschaft übergeben.

Schrader und Koçak warfen der Innenverwaltung Intransparenz vor. »Dass das Parlament von diesem skandalösen Vorgang durch die Presse erfahren
musste, ist ein Armutszeugnis für die Innensenatorin.« Sie kündigten an, den Vorfall im kommenden Innenausschus zu thematisieren. Dann müsste sich Senatorin Iris Spranger (SPD) dazu äußern, »warum es so weit kommen konnte und wer dafür verantwortlich ist«.

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