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Polizeigesetz-Verschärfung: Keine Zeit für Bedenken
Berlins Große Koalition bringt ihr neues Polizeigesetz trotz rechtlicher Einwände durch den Innenausschuss – bessert vorher aber bei Bodycams nach
»Endlich etwas ändern, nicht nur immer darüber reden« lautet die Devise des CDU-Abgeordneten Burkard Dregger am Montag. Berlins Große Koalition hat es eilig: Noch vor Silvester will der schwarz-rote Senat seine Änderungen am Allgemeinen Sicherheitsgesetzes (Asog) in Kraft wissen. Am Montag hat der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses den Gesetzentwurf zur Asog-Novelle beschlossen.
Kritik an den Plänen gibt es jedoch reichlich. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat dem Senat 85 Fragen zur geplanten Verschärfung vorgelegt und auch die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp plagen verfassungsrechtliche Bedenken. Im Fokus steht insbesondere der erweiterte Einsatz von Bodycams, bei dem der Senat handwerklich unsauber gearbeitet haben soll. Es geht um unzulässige Aufzeichnungen in Privatwohnungen, um Überprüfung und Speicherung der Daten durch eigentlich unbefugte Behörden.
»Das sind sicherheitspolitische Erwägungen, die mögen der Datenschutzbeauftragten nicht so wichtig sein«, weist Dregger, innenpolitscher Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus, die Vorwürfe zurück. »Aber das ist hier auch nicht der Ausschuss für Datenschutz, sondern der Ausschuss für Sicherheitspolitik.« Es gibt keinen Punkt in Kamps Kritik, den der CDU-Abgeordnete und ebenfalls studierte Jurist als zulässig anerkennt. Man habe es sich dabei nicht leicht gemacht, erklärt er.
Da Bodycams offen sichtbar und nicht versteckt getragen werden, stehe deren Einsatz in Privatwohnungen nicht im Widerspruch zum Grundgesetz, führt Dregger an. Primär gehe es darum, mit den Kameras Gefahren für Einsatzkräfte abzuwehren und in angespannten Situationen zu deeskalieren. Beweissicherung spiele dabei erst einmal keine Rolle. Mit der Verlängerung des sogenannten Pre-Recordings, bei dem künftig 60 statt nur 30 Sekunden Videomaterial vor Knopfdruck gespeichert werden sollen, ziehe man lediglich mit anderen Bundesländern gleich.
Und doch zieht der Senat Konsequenzen aus der Kritik der Datenschutzbeauftragten. Man habe »gut zugehört«, sagt SPD-Innenpolitikexperte Martin Matz, und zwei Änderungen eingebracht. Aufnahmen aus Bodycams würden demnach verschlüsselt und mit besonderer Kennzeichnung aufbewahrt, zudem soll eine richterliche Zustimmung für die Nutzung der Daten erforderlich sein. Entsprechende Argumente Kamps seien zwar »verfassungsrechtlich nicht zwingend«, hätten aber überzeugt. Zugleich kündigt Matz an: Auf die erste, zügige Asog-Novelle soll noch in absehbarer Zeit eine zweite, grundlegende Überarbeitung folgen.
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Den innenpolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, Vasili Franco, beruhigt das nicht. »Wissenschaftliche Erkenntnisse sind offensichtlich zweitrangig«, kritisiert der Abgeordnete. Dafür, dass der Einsatz von Bodycams tatsächlich deeskalierend wirke, fehle es an Belegen. Rechtliche Bedenken würden einfach beiseitegeschoben. Der Senat schramme gerade so an der Verfassungswidrigkeit vorbei, statt sich um Gesetze zu bemühen, die Grundrechte stärken. »Sie malen sich juristisch die Welt, wie sie Ihnen gefällt«, konstatiert Franco.
Den Preis dafür zahlten die Menschen in Berlin, nicht zuletzt die Einsatzkräfte selbst. Die überhastet durchgedrückten, unkonkreten Regelungen würden bei der Polizei für Verwirrung sorgen. Ob Schlagstock oder Taser zum Einsatz kommen dürfe, lasse sich im Einzelfall ohne Weiteres nicht feststellen. »Diese Disziplinarverfahren würde ich nicht führen und den Sicherheitskräften auch nicht antun wollen«, sagt der Grünen-Politiker.
Ähnlich sieht das Niklas Schrader, zuständig für Innenpolitik bei der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. »Ich finde, Sie lassen die Einsatzkräfte da ziemlich allein mit diesen Fragen«, ergänzt der Linke-Politiker, »und das sind Fragen, bei denen es um Leben und Tod gehen kann.« Generell bekomme man den Eindruck, dass die Koalition keine rationale Innenpolitik betreibe. SPD-Innensenatorin Iris Spranger und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU), so Schrader, klopften Sprüche, »die die Koalition dann in Gesetzesform gießt«.
Leidtragende der Asog-Novelle seien auch Protestierende: Während sich der Senat auf unbelegte Schutzmaßnahmen für die Einsatzkräfte berufe, seien die Möglichkeiten, gegen Demonstrant*innen vorzugehen, »potenziell grenzenlos«. Die Verschärfung führe dazu, dass Menschen schon beim kleinsten Verdacht auf eine Wiederholungstat in Unterbindungsgewahrsam gesteckt würden. »Da reicht schon der Sekundenkleber in der Tasche.«
Die Weise, wie der CDU-Abgeordnete Burkard Dregger über die Einwände der Datenschutzbeauftragten und die Zuständigkeiten des Innenausschusses spricht, hält Schrader für »verräterisch«: »Natürlich haben wir die Aufgabe, hier datenschutzrechtliche Themen zu diskutieren und abzuwägen.«
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