Pierre-Louis Bras: Für abweichende Meinung bestraft

Pierre-Louis Bras ist seinen Posten als oberster französischer Regierungsberater in Sachen Rente los

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
Pierre-Louis Bras, bis vor Kurzem noch Präsident des Rentenbeirats (COR), stellt hier den Jahresbericht vor.
Pierre-Louis Bras, bis vor Kurzem noch Präsident des Rentenbeirats (COR), stellt hier den Jahresbericht vor.

Der Orientierungsrat der Renten (COR), der direkt dem Premierminister untersteht und dem 41 Parlamentarier, Gewerkschafter, Vertreter von Rentner- und Familienverbänden sowie Wissenschaftler angehören, verfolgt die Entwicklung der Renten in Frankreich. Er macht der Regierung Vorschläge zur Sicherung des Solidarprinzips und der finanziellen Solidität der Renten. Vorsitzender des Gremiums war bis vor einigen Tagen Pierre-Louis Bras, Jahrgang 1959.

Der Jurist und Wirtschaftswissenschaftler hat 1984 die Elitehochschule für den Staatsapparat ENA absolviert. Danach war er Berater mehrerer Minister, Direktor der Sozialversicherung, Bankier und Professor an der Universität für Wirtschaftswissenschaften Paris-Dauphine. Anfang 2015 wurde er zum Vorsitzenden des COR berufen. Jetzt ist er, wie damals per Ministerratsbeschluss, aus diesem Amt entlassen worden. Anders als sonst bei solchen Entscheidungen wurden die Gründe offen genannt: Bras habe durch seine Stellungnahmen zur Rentenreform »zur Konfusion in der öffentlichen Debatte beigetragen«. Damit wird der hohe Beamte dafür bestraft, dass er in der monatelangen Auseinandersetzung zwischen Regierung und Gewerkschaften um die Reform immer wieder mit nüchternen Fakten die Darstellungen der Regierung, diese sei alternativlos, widerlegt hat.

Was Bras seinerzeit vor Kommissionen von Nationalversammlung und Senat erklärte, wiederholt er jetzt in den Medien: Die Regierung habe »einen dramatisierenden Diskurs über das alternde Frankreich und damit über die Notwendigkeit einer Anhebung des Rentenalters aufbauen« wollen. Er habe der Regierung nur zusammengefasst die anderslautenden Erkenntnisse der Experten präsentiert. Dass er ein halbes Jahr nach der Verabschiedung der Reform im Parlament gegen alle Widerstände geschasst wurde, nimmt er gelassen: »Es ist nie angenehm, mit einer spannenden Arbeit aufhören zu müssen. Aber es passieren ernstere Dinge.« Existenzielle Sorgen muss er sich auch nicht machen, denn ein anderer Posten im höheren Staatsapparat ist ihm sicher.

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