Kontra AfD-Verbot: Die Verhältnisse sind das Problem

Für Christian Klemm ist ein Parteiverbot eine Scheinlösung

AfD-Chefs Tino Chrupalla und Alice Weidel
AfD-Chefs Tino Chrupalla und Alice Weidel

Die AfD ist von einer konservativ-nationalistischen Professorenpartei zu einem Sammelbecken von Rechten verschiedenster Coleur geworden: Von Nadelstreifenfaschisten à la Björn Höcke über frühere Stiefelnazis bis zu rechtsbürgerlichen Unternehmerlieblingen wie Alice Weidel – alle fühlen sich im Schoß der Alternative für Deutschland wohl. Die Existenz dieser Partei wäre an sich ein geringes Problem: Rechte Parteien gibt es in Deutschland wie Sand am Meer. Die meisten von ihnen aber dümpeln bei Wahlen irgendwo im Promilliebreich herum. Und das ist gut so.

Dieser Kommentar ist Teil einer Pro-Kontra-Debatte. Lesen Sie den Text von Sebastian Weiermann, der für ein AfD-Verbot argumentiert.

Jedoch ist die AfD in bestimmten Regionen der Bundesrepublik inzwischen zu einem Machtfaktor geworden. Bei den im kommenden Jahr stattfindenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg wird sie voraussichtlich triumphieren. Es scheint nur eine Frage der Zeit, wann und wo sie sich an einer Koalition beteiligt. Genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Nicht die Partei ist das Problem, sondern die Verhältnisse, die Menschen für ihre hetzerische Politik empfänglich machen. Und das sind vor allem Arbeitslosigkeit, Lohndumping, Armut und Perspektivlosigkeit in den betroffenen Regionen, aber auch tief sitzende rassistische Vorurteile. Hinzu kommen im Osten die Bevormundung der Menschen durch westdeutsche Eliten und das Abwickeln der Errungenschaften der DDR.

Zum Thema: Aufruf zur Gewalt – Matthias Monroy zur AfD-Werdung fast aller deutscher Parteien

Wenn die Politik nun ein Verbotsverfahren gegen die AfD anstrengte und dies trotz hoher rechtlicher Hürden erfolgreich zuende brächte, dann wäre zwar die Partei erledigt; die Umstände, die ihren Aufstieg ermöglich haben, aber nicht. Es wäre also für die Höckes und Weidels jederzeit möglich, sich wieder in der Politik zu engagieren – mit einer neuen Partei zum Beispiel. Und ob diese dann Alternative für ein weißes Deutschland, Nationale Front der Biodeutschen oder Partei Alice Höcke hieße, wäre egal. Auch sie käme vermutlich wieder auf stattliche Wahlergebnisse.

Zudem spielte ein Verbotsverfahren der AfD in die Karten. Die Parteigranden ledern nämlich immer wieder gerne gegen »die da oben« und »die Systemparteien«. Kein Parteitag kommt ohne diese Wir-gegen-alle-Rhetorik aus, keine Demonstration ohne die unappetitlichen »Lügenpresse«-Krakeler. Strebten »die da oben« nun ein Verbot gegen »Volkes Stimme« an, dann könnte es sein, dass die AfD weiteren Zulauf erhielte. Und genau das gilt es unbedingt zu verhindern.

Die Lösung: Die Umstände, die die AfD groß gemacht haben, müssen beseitigt werden. Das gelingt bestimmt nicht mit einem Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichtes.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.