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DFL: Die Adenauer-Liga
Die Mehrheit der Bundesligisten interessiert sich nicht für ihr dummes Geschwätz von gestern und winkt wohl den Investoren-Einstieg durch.
Es ist gerade einmal ein halbes Jahr her, dass die Vorstände der Deutschen Fußball Liga, also des Zusammenschlusses der 36 deutschen Erst- und Zweitligisten, eine Abstimmungsniederlage beim Versuch erlitt, Anteile an den Fernsehrechten an einen externen »Liga-Investor« zu verscherbeln. Damit, dass sie für diesen Schritt nicht die notwenige Zweidrittel-Mehrheit bekommen würden, hatten die Bosse, allen voran Dortmunds Vorstandsboss Hans-Joachim Watzke vorher definitiv nicht gerechnet. Bei einer Podiumsdiskussion in Dortmund, bei der Watzke den drei Fanvertretern argumentativ wenig entgegenzusetzen hatte, sprach er für die Zeit nach der Abstimmung konsequent im Indikativ (»Wir werden..«). Und versprach für den Fall einer Niederlage, er werde die »akzeptieren«, man könne schließlich nicht »alle paar Wochen eine neue Sau durchs Dorf treiben«.
In Wahrheit hat die DFL-Spitze allerdings seither nichts anderes getan als ihre Säue durch Dorf zu treiben. Schon unmittelbar nach der Abstimmungsniederlage begann die Organisation neuer Mehrheiten. CDU-Mitglied Watzke hält es da mit dem bekanntesten Zitat von Adenauer: »Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern?«
Natürlich wurden Zugeständnisse an die Kritiker, die vor allem aus den Reihen der Zweitligisten gekommen sind, gemacht. Doch im Kern geht es um das gleiche Ziel wie einst im Mai. Die Liga möchte die Erlöse erhöhen. Und da auf nationaler Ebene nicht mehr allzu viel geht, muss das Geld eben von den internationalen »Märkten«, kommen, aus Afrika, Amerika, vor allem aus Asien. Von überall dort her also, wo die schwerreiche Premier League ihr Geld herholt.
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Was das mit dem Investor – im Gespräch sind die grundsympathischen private-equity-Unternehmen Advent, Blackstone, VCV – zu tun hat? Nun, der geht die Wette mit und gibt erst mal 900 Millionen Euro für einen Teil der Fernsehrechte – in der Hoffnung, bald ein Vielfaches wiederzubekommen. Damit das auch klappt, muss die Liga allerdings im Ausland bekannter werden, schließlich soll es in Chile, dem Senegal oder Vietnam ja noch Menschen geben, die weder die letzte Aufstellung des FC Augsburg noch den Namen des Hoffenheimer Co-Trainers kennen. Genau deshalb will die DFL künftig 100 Investoren-Millionen an die Vereine ausschütten, die verstärkt um den Globus fliegen, um sich und damit die Liga bekannter zu machen. Anstatt die Flugreisen einzuschränken, wie einmal angedacht war, gehen künftig 100 Millionen Euro als Belohnung an die Vereine, die am meisten Kerosin verballern.
Warum all der Bohei veranstaltet wird, ist dabei offensichtlich: Dass die astronomisch hohen Spielergehälter – fast jeder Bundesliga-Ersatzspieler verdient mehr als der Kanzler – weiter steigen werden, halten die meisten Klubs längst für ein Naturgesetz. Wie könnte es auch anders sein in der Adenauer-Liga, die sich während der Corona-Zeit Demut verordnen wollte und längst wieder breitbeinig und unreflektiert unterwegs ist. Wir erinnern uns: Damals wollte sie die Gehälter deckeln und überhaupt lernen, mit dem Geld auszukommen, das sie hat, ohne dass die ersten Klubs nach drei Wochen ohne TV-Gelder Insolvenz anmelden müssen. Vor allem aber wollte die Liga »nachhaltiger« werden, näher an die echten Probleme der echten Gesellschaft heranrücken. Am Montag, das scheint so gut wie sicher, wird sie nun den dezent retuschierten Investoreneinstieg beschließen.
Gut zu wissen, dass die DFL die richtigen Prioritäten setzt: Schon am Montag wird der nächste Verein in ellenlangen Pressemitteilungen verkünden, wie »nachhaltig« er doch unterwegs ist. Meist geht es dabei um ökologische Großtaten wie ein paar eingesparte Blatt Papier oder einen Aufruf, doch mal mit dem Fahrrad zum Stadion zu fahren, an dem es Stellplätze nur für Autos gibt. Wie oft solch frohe Botschaften in einem Flugzeug erdacht werden, lässt sich nur vermuten. Watzkes Dortmunder haben jedenfalls kürzlich einen Privatjet in die USA geschickt, um ihre vier Nationalspieler ein paar Stunden früher zu Hause zu haben.
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