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Razzien und Verhaftungen bei Thüringer Neonazis
Am Donnerstag wurden in Thüringen vier Objekte der extrem rechten Kampfsportgruppe »Knockout 51« durchsucht
In den frühen Morgenstunden rückten am Donnerstag Beamte des Bundeskriminalamts (BKA), Spezialkräfte der Bundespolizei sowie die Landesbereitschaftspolizei Thüringen und Sachsen-Anhalt nach Eisenach und Erfurt aus. Ihr Ziel: drei Neonazis, denen die Generalbundesanwaltschaft Mitgliedschaft in und Unterstützung der Neonazigruppe »Knockout 51« vorwirft.
Anders als das Oberlandesgericht (OLG) Jena, wo seit August ein Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder des Kampfsportvereins stattfindet, geht die Behörde nicht nur von einem kriminellen Charakter aus. Sie stuft »Knockout 51« auch als terroristische Vereinigung ein. In Erfurt nahmen die Beamten Kevin N. fest, in Eisenach traf es Marwin W. und Patrick Wieschke.
Alle drei Festgenommenen gehören zu zehn »gesondert Verfolgten« in den Ermittlungen gegen »Knockout 51«. Ihre Verfahren wurden bei der Anklageerhebung gegen die Beschuldigten im Prozess vor dem OLG abgetrennt. Kevin N. und Marwin W. gelten der Bundesanwaltschaft als Mitglieder von »Knockout 51«. N. soll die Gruppierung 2019 mitgegründet und als ihr Rädelsführer fungiert haben.
Der Generalbundesanwalt wirft Kevin N. vor, Mitglieder und Anwärter von »Knockout 51« geschult und »Kiezstreifen« geleitet zu haben. Auch bei potenziell tödlichen Angriffen auf vermeintlich politische Gegner soll er eine gewichtige Rolle gespielt haben. Bei einer entsprechenden Aktion von »Knockout 51« sollte er das Aufeinandertreffen absichern, bei Bedarf eingreifen und Unterstützung in der rechten Szene Erfurts anfordern.
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Marwin W. wiederum soll sich 2019 der Gruppe angeschlossen, an Kampfsport- und Schießtrainings teilgenommen und dem Hauptangeklagten im Prozess vor dem OLG beim Bau einer Schusswaffe geholfen haben. Außerdem soll er mit N. einen bewaffneten tödlichen Angriff auf vermeintliche politische Gegner vor dem Alternativen Jugendzentrum (AJZ) Erfurt im September 2021 geplant haben. Mitglieder von »Knockout 51« wollten eine Auseinandersetzung provozieren, um die Besucher*innen des Zentrums mit den Waffen anzugreifen. W. sollte sie mit dem Auto überfahren.
Als Unterstützer wurde in Eisenach Patrick Wieschke festgenommen. Er ist Landesvorsitzender der Mitte dieses Jahres in »Die Heimat« umbenannten NPD in Thüringen. Er habe der Gruppierung ab Ende 2019 die Durchführung ihrer Kampfsporttrainings in der damaligen NPD-Landeszentrale in Eisenach ermöglicht und den Mitgliedern dort auch einen Raum als Waffenlager zur Verfügung gestellt.
Katharina König-Preuss, Abgeordnete der Linken im Thüringer Landtag, und Martina Renner, Bundestagsabgeordnete der Linken, begrüßten das Vorgehen der Bundesanwaltschaft. König-Preuss forderte, die von den Mitgliedern der Kampsportgruppe genutzte Immobilie zu schließen und »damit der bundesweiten Neonazi-Szene einen wichtigen Treff- und Rückzugsort zu nehmen«.
Renner lobte das Festhalten des Generalbundesanwalts an der Einschätzung von »Knockout 51« als terroristische Vereinigung: »Das Ziel, vermeintlich politische Gegner*innen so zu provozieren, dass eine Tötung als Notwehr gerechtfertigt werden könnte, ist ein deutliches Zeichen für das rechtsterroristische Vorgehen dieser Gruppe«, sagte Renner am Donnerstag in Berlin. Der Ermittlungsdruck gegen ihre Mitglieder und Unterstützer müsse aufrechterhalten werden.
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