Brandeburg: Die Wahl muss sauber sein

Brandenburgs Landeswahlleiter Herbert Trimbach nennt die Wagenknecht-Partei die »große Unbekannte«

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Als »große Unbekannte« bei den kommenden Wahlen hat Brandenburgs Landeswahlleiter Herbert Trimbach am Montag die neue Wagenknecht-Partei bezeichnet, die sich Ende Januar gründen will. Nie wurde bei der Wahlvorbereitung dem Aspekt Sicherheit mehr Aufmerksamkeit geschenkt als diesmal.

Im »Superwahljahr« 2024 findet in Brandenburg am 9. Juni die Kommunalwahl statt – zeitgleich mit der Europawahl – und am 22. September die Landtagswahl. Mit Blick auf den Sieg des AfD-Kandidaten Tim Lochner bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag im sächsischen Pirna fügte Trimbach hinzu, das ganze Land werde den Ausgang der Wahlen in Brandenburg aufmerksam verfolgen. Auch in Sachsen und Thüringen gibt es im nächsten Jahr Landtagswahlen.

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Laut Wahlleiter Trimbach hat die Wagenknecht-Partei bis zum 17. Juni Zeit, sich als Partei zu konstituieren und eine »Gebietsorganisation«, also einen Landesverband zu bilden sowie einen Wahlvorschlag fristgemäß einzureichen. Für die gültige Aufstellung einer Landesliste für die Landtagswahl wären mindestens 2000 Unterschriften von Unterstützern aus Brandenburg erforderlich, für jeden Direktkandidaten in einem der 44 Landtagswahlkreise mindestens 100 Unterschriften von Menschen aus dem Wahlkreis.

Der 69-jährige Trimbach, der früher als Richter und später im Innenministerium gearbeitet hat, wurde im Januar 2023 als Nachfolger des langjährigen Landeswahlleiters Bruno Küpper berufen. Trimbach zufolge gilt es, die kommenden Wahlen vor Manipulationen und Sabotageakte zu schützen. Weil, und dies auch aufgrund der Corona-Erfahrungen, die Briefwahl immer beliebter werde, sollte die Zahl der Briefwahl-Vorstände dementsprechend erhöht werden. Weil die Kommunalwahl in Brandenburg ein relativ komplizierter Vorgang sei, würden immer mehr Menschen es vorziehen, den Wahlschein daheim auszufüllen. Für die Teilnahme an der Europawahl müssten die Personalvorschläge bis spätestens zum 26. Januar dem Landeswahlausschuss vorliegen.

Neben der Verpflichtung diverser Dienstleister zum Schutz der Wahlen vor Manipulationen via Internet werden diesmal auch Plausibilitäts-Prüfungen vorgenommen, bevor gemeldete Ergebnisse in das Wahlergebnis einfließen. Am Ende bleibt laut Trimbach immer noch die Möglichkeit der Nachprüfung durch eine Nachzählung der Stimmen. Denn in Deutschland finde, anders als beispielsweise in Estland, wo elektronisch abgestimmt wird, nach wie vor jede Wahl per Wahlzettel, also auf dem Papier statt. Laut Landeswahlleiter »ist das auch gut so«.

Georg Fidorra, der das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg leitet, sieht die Risiken für die kommenden Wahlen »nicht höher als in der Vergangenheit«. Ihm zufolge »ist es so ernst wie immer«. Zur Prüfung der Plausibilität eingegangener Wahlergebnisse sagte er, es werde ein Vier-Augen-Prinzip wirksam, wenn die Ergebnisse »überraschend abweichen«. Wenn etwa jemand bei einem Kreiswahlleiter eindringe und falsche Zahlen an die Wahlzentrale übermitteln würde, dann »wird das sofort wahrgenommen«. Es könne sein, dass dieser Zwischenschritt die Berechnung und die Meldung der Resultate verzögert. Aber der Aspekt der Verlässlichkeit sei wichtiger als Geschwindigkeit bei der Auszählung. Im Zentrum stehe, »dass die Wahlen sauber sind«. Wenn es in der Vergangenheit zu falschen Daten kam, dann meist durch Versehen wie Zahlendreher.

Neu ist, dass nun auch 16- und 17-Jährige an der Europawahl teilnehmen können. Das war in Brandenburg bislang nur bei Kommunal- und Landtagswahlen möglich. In Brandenburg leben derzeit 2,1 Millionen Wahlberechtigte. Wahlpannen und organisatorische Fehler wie 2021 in Berlin schloss Wahlleiter Trimbach »nach menschlichem Ermessen« für Brandenburg aus. Rund 27 000 Wahlhelfer werden in den über 3800 Wahllokalen benötigt. Das gesetzlich vorgesehene Erfrischungsgeld, eine Aufwandsentschädigung für Wahlhelfer, könnten Kommunen nach eigenem Ermessen aufstocken, um den Anreiz für die Bürger zu erhöhen, sich als Wahlhelfer zur Verfügung zu stellen. Zur Not könnten Wahlhelfer aber auch zum Dienst im Wahllokal verpflichtet werden.

Gewählt werden bei der Kommunalwahl am 9. Juni 14 Kreistage, 413 Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen sowie rund 1000 Ortsbeiräte und Ortsvorsteher und außerdem 270 ehrenamtliche Bürgermeister. Die hauptamtlichen Bürgermeister, die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte werden in Brandenburg unabhängig von der Kommunalwahl für jeweils acht Jahre gewählt. Die Kommunalwahl findet alle fünf Jahre statt. Sie wird von den Parteien auch als Test für die einige Monate später folgende Landtagswahl gesehen. Die Kommunalwahl 2019 hatte die CDU mit 18,3 Prozent gewonnen. Es folgten die SPD mit 17,7 Prozent, die AfD mit 15,9 Prozent, die Linke mit 14,1 und die Grünen mit 11,1 Prozent.

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