Grüne als Sozialstaatspartei

Vorstandsklausur zu Arbeitsmarktpolitik, Klima- und Naturschutz beendet

Bei den Grünen dürften in diesen Tagen die Themen Waffenlieferungen an Diktaturen und Umgang mit den Bauernprotesten im Mittelpunkt der internen Debatten stehen. Auf der Klausur ihres Bundesvorstands zum Jahresauftakt ging es jedoch vor allem um die Aufstellung der Partei für die Europawahl im Juni und für die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst, bei denen sie herbe Verluste fürchten muss.

Die Ko-Vorsitzende Ricarda Lang sagte zum Abschluss der Zusammenkunft am Dienstag in Berlin, man wolle in diesem Jahr verloren gegangenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen: »Wir wollen konkret Politik machen zum Wohle der Menschen im Land. Die Grünen-Bundesspitze hatte sich zu ihrer Klausur vor allem mit arbeitsmarktpolitischen Fragen sowie dem Natur- und Klimaschutz befasst. Als Gäste waren die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner, die Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA) Andrea Nahles, Umweltministerin und Parteifreundin Steffi Lemke und Jörg-Andreas Krüger, Präsident des Naturschutzbundes Nabu, geladen.

Lang sagte, ihre Partei wolle das Thema Gerechtigkeit «in den Vordergrund rücken». Sie erneuerte die Forderung nach einem höheren Mindestlohn von etwa 14 Euro. Ein weiteres großes Thema sei die wachsende Zahl von Firmen, in denen es keine Tarifverträge gibt. Die Grünen wollten sich für effektivere Maßnahmen gegen Tarifflucht und für ein Tariftreuegesetz einsetzen. Wo der Staat als Auftraggeber auftrete, dürfe es «kein Lohndumping geben», so Lang.

Bei dem Gespräch mit Benner und Nahles ging es vor allem um die Bekämpfung des Fachkräftemangels. Neben der Einwanderung von Arbeitskräften sowie einer erleichterten Arbeitsaufnahme für in Deutschland lebende Geflüchtete fordert die Partei Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit junger Menschen ohne Schulabschluss sowie für eine leichtere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Beim Natur-, Umwelt- und Klimaschutz wollen die Grünen Extremwetterereignissen besser vorbeugen und die Folgen lindern. Es müsse eine der obersten Prioritäten sein, das Wasser mittels der nationalen Moorschutz- und Wasserstrategien in der Landschaft und in den Böden zu halten, heißt es in einem auf der Klausur beschlossenen Vorstandspapier. Noch in diesem Jahr wollen die Grünen auch eine mit Aktionsplänen versehene nationale Biodiversitätsstrategie vorlegen.

Diese Maßnahmen sollten dem Papier zufolge durch einen «handlungsfähigen» Bevölkerungsschutz ergänzt werden. So solle das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ausgebaut werden und mehr Verantwortung übertragen bekommen. Bund, Länder und Kommunen müssten enger bei Katastrophen zusammenarbeiten, ehrenamtliches Engagement solle besser wertgeschätzt werden.

Der Haushaltskompromiss, zu dem die Grünen stehen, sieht indes weitere finanzielle Einschnitte beim Katastrophenschutz vor. So sollen die Mittel für das BBK in diesem Jahr um 20 Prozent gekürzt werden. Das Technische Hilfswerk (THW) soll fast 10 Prozent weniger bekommen. Bereits 2023 waren die Etats für beide Einrichtungen von der Ampel um 25 bzw. 20 Prozent gekürzt worden.

Omid Nouripour wie auch Lang stellten sich am Dienstag indes mehr oder weniger hinter die Äußerungen ihrer Parteifreundin Annalena Baerbock zu Kampfjetlieferungen an Saudi-Arabien. Als Parteichef sei er der ablehnenden Beschlusslage seiner Partei verpflichtet, sagte Nouripour im Deutschlandfunk. Er verwies zugleich wie die Außenministerin auf die veränderte Sicherheitslage im Nahen Osten. «Wir sehen, dass es eine grundsätzliche Dynamik gibt, und wir sehen gleichzeitig, dass es notwendig ist, sehr, sehr vorsichtig und restriktiv mit Rüstungsexporten umzugehen», erklärte der Grünen-Ko-Vorsitzende.

Baerbock hatte am Sonntag gesagt, Saudi-Arabien trage zur Sicherheit Israels bei, indem es von den jemenitischen Huthis auf Israel abgeschossene Raketen abfange. Großbritannien möchte sich an einer Ausschreibung für Kampfjets mit Maschinen des Typs Eurofighter beteiligen. Die Eurofighter sind ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, an dem Deutschland beteiligt ist und bei dessen Export es deswegen ein Vetorecht hat. Baerbock erklärte, man sehe nicht, dass sich die Bundesregierung den britischen Überlegungen entgegenstellen werde.

Nouripour verwies nun darauf, dass ein Verzicht auf das Vetorecht keine Lieferzusage sei. Dies hatte auch Lang im ZDF-«Morgenmagazin» betont. Auch sie verwies auf die veränderte Sicherheitslage, betonte aber zugleich, die Grünen hätten die «grundsätzliche Position als Partei, dass wir die Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien falsch finden».

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