»Remigration«: Bären an der Panke

Andreas Koristka sagt einem bereinigten Deutschland wunderbare Zeiten voraus

Wer die politischen Entwicklungen der letzten Jahre aufmerksam verfolgt hat, wird sich das eine oder andere Mal gefragt haben, wohin er auswandern möchte, nachdem Björn Höcke Bundeskanzler geworden ist. Das ist keine einfache Entscheidung und viele grübeln immer noch, wohin die Reise gehen könnte.

Wie nett ist es da doch von der AfD, dass Teile der Partei bereit sind, vielen von uns diese schwierige Entscheidung abzunehmen. Auf einer Konferenz berieten AfD-Mitglieder vor Kurzem schon mal über geeignete Reiseziele. Schnell war man sich einig, dass auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft dorthin abgeschoben werden sollen, wo ihre Vorfahren einst herkamen. Für mich geht es also in absehbarer Zeit nach Tschechien. Das ist jetzt nicht gerade die Crème de la Crème der Exilländer, aber man kann es auch weitaus schlechter treffen.

Denn die tschechische Küche ist sehr gehaltvoll, aber äußerst wohlschmeckend, es gibt viele schöne Altstädte und die Prager sind auf einem ähnlich hohen Niveau unfreundlich gegenüber Touristen wie die Berliner. Außerdem ist mir sympathisch, dass die tschechische Sprache noch komplizierter ist als die deutsche.

Andreas Koristka

Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift "Eulenspiegel". Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.

Das alles macht das Land für mich durchaus attraktiv. Mir wäre es aber lieber, ein wenig weiter weg von Deutschland zu landen. Denn Björn Höcke scheint ein recht ambitionierter Mann zu sein. Wenn er sich dazu entschließt, mit Deutschland zu expandieren … Ich möchte jedenfalls in den nächsten Jahren ungern zwei Mal emigrieren.

Sollte der Mann friedlich bleiben, dann könnte ich mir sogar vorstellen, meinen Urlaub in Deutschland zu verbringen. Ich würde zu gern die leerstehenden deutschen Stadteile sehen, nachdem alles Nichtdeutsche remigriert wurde. Man stelle sich nur den Berliner Wedding vor. Diese Stille! Dort könnten dann wieder Luchse, Bären und Elche zwischen den Häuserruinen leben.

Das Betreten dieser einsamen Orte wird für jeden relativ gefahrlos möglich sein, der eine Schrotflinte bei sich hat. Dank des Outdoortrends könnte das für einen kleinen Tourismusboom sorgen. Man muss nicht mehr über den Yukon paddeln, wenn man Wildnis erleben möchte. Es reicht, am S-Bahnhof Wollankstraße auszusteigen und die Panke herunterzuschippern, um Braunbären beim Lachsfischen zu beobachten.

Auch die Ausgaben für die Infrastruktur werden enorm sinken. Denn für die paar Übriggebliebenen wird man keine funktionierenden Städte oder Autobahnen brauchen. Stattdessen wird man wieder in Lehmhütten hausen. Die Männer werden jagen, die Frauen im Winter ihre einfachen Gewänder weben. Es wird großartig! Ein bisschen schade ist, dass viele AfD-Mitglieder diese wunderbaren Zeiten nicht miterleben dürfen. Tino Chrupalla zum Beispiel … Wenn der nur einen Funken Ehre im Leib hat, wandert er mit seinem Namen freiwillig nach Polen aus. Damit täte er es Alice Weidel gleich. Sie ist ja mit ihrem Umzug in die Schweiz löblicherweise schon in ihr eigentliches Heimatland, das Land der Reichen, heimgekehrt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.