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Berliner Antisemitismusklausel: Kritik von Linke-Abgeordneten
Linke-Abgeordnete kritisieren Richtlinie der Kulturverwaltung
Kultureinrichtungen, die vom Land Berlin Förderung erhalten wollen, müssen seit Dezember vergangenen Jahres eine »Antidiskriminierungsklausel« unterzeichnen, wonach sie sich gegen Rassismus, Diskriminierung sowie Antisemitismus nach der Definition der International Holocaust Rememberance Alliance (IHRA) bekennen. Die CDU erwägt, die Klausel auf andere Zuwendungsbereiche wie die Wissenschaft auszuweiten.
Es darf bezweifelt werden, ob es der CDU mit der neuen Förderklausel tatsächlich um Antidiskriminierungspolitik geht. Noch im Wahlkampf zur Wiederholungswahl 2023 überzog die Partei das Landesantidiskriminierungsgesetz mit einer Diffamierungskampagne und plante dessen Abschaffung. Und auch die Klausel selbst ist nicht diskriminierungssensibel, wenn sie andere Diskriminierungsformen wie beispielsweise Rassismus nicht definiert und damit eine Hierarchisierung aufmacht. Der Verdacht liegt nahe: Der CDU geht es vor allem um politische Kontrolle der freien Kunst und Kultur.
Die Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus und allen anderen Diskriminierungsformen ist zentral und muss eine höhere Priorität erfahren. Wäre der Einsatz des CDU-Kultursenators Joe Chialo ernst gemeint, hätte dieser vor Einführung der Klausel einen Dialog mit Kultureinrichtungen organisiert und ihnen Unterstützung angeboten – so wie es zahlreiche Kulturschaffende und Verbände in einer Erklärung gegen die Klausel gefordert haben. Stattdessen riskiert Chialo mit dieser inhaltlichen Kontrolle die Diskriminierung auch von Künstler*innen mit jüdisch-israelischem Hintergrund, die die Politik der israelischen Regierung deutlich kritisieren.
Das Vorgehen des Kultursenators spaltet und erzeugt einen kollektiven Generalverdacht, ohne dass die Berliner Kulturlandschaft, die sich schon lange gegen Antisemitismus, Rassismus und alle Formen der Diskriminierung engagiert, dafür Anlass geboten hätte.
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Die Chialo-Klausel erhebt eine Antisemitismusdefinition zur letztgültigen Wahrheit und ermöglicht Willkür. Die IHRA-Definition ist umstritten. Sie wird von Antisemitismusforscher*innen unter anderem aus Israel, USA und Deutschland kritisiert. Denn sie lässt sich ausnutzen, um legitime Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung als israelbezogenen Antisemitismus zu verunglimpfen.
Die Definition ist von der IHRA selbst auch gar nicht als rechtsverbindlicher Text verabschiedet worden. Dafür ist sie zu unpräzise und eine darauf gestützte Verwaltungspraxis hätte unvorhersehbare Folgen. Daher befinden auch 13 Rechtsexpert*innen in einer Stellungnahme an den Bundestag zur rechtlichen Implementierung der IHRA-Definition, die sie auf der Plattform Verfassungsblog dokumentieren, diese als Regulierungsinstrument für ungeeignet: »Erfahrungen aus Kontexten, in denen die IHRA-Arbeitsdefinition als Regulierungsinstrument diente, zeigen, dass sie für erhebliche Einschränkungen von Grundrechten genutzt wird – sehr häufig auch gegen Juden, die die Politik der jeweiligen Regierung Israels kritisieren.«
Ein weiteres Problem: Manche Künstler*innen werden sich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht zur IHRA-Definition bekennen können. Denn für Staatsbürger*innen aus dem Iran oder Libanon könnte die Unterzeichnung zu schweren Repressionen in ihren Herkunftsländern führen. Auch ohne es zu wollen, würde die Einführung der Klausel damit zu strukturellem Ausschluss führen.
Das Vorgehen der Kulturverwaltung schafft einen Präzedenzfall und kann damit den Weg für eine umfassende Gesinnungsprüfung ebnen, auch im Hinblick auf die in der Klausel ebenfalls enthaltene Formulierung, dass die Fördermittel keiner Finanzierung »extremistischer Vereinigungen« dienen darf. Repression und Generalverdacht schaden jedoch dem Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung, den es unbedingt gemeinsam zu führen gilt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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