Regierung gegen rechts: Das große Aber

Wolfgang Hübner über einen neuen Aufstand der Anständigen

Es ist, als habe nur noch dieser letzte Tropfen gefehlt, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Seit bekannt wurde, dass Nazis über die Massendeportation von Menschen nachdenken, die nicht ihrem deutschen Abziehbild entsprechen, ist die Protestwelle groß. Denn es geht um eine reale Gefahr.

Da ist es zu begrüßen, wenn aus der SPD-Fraktion der Ruf nach einem Aufstand der Anständigen laut wird. Allerdings ist ein mehrfaches Aber nötig: Aber auch im Jahr 2000, als Kanzler Schröder nach einem antisemitischen Brandanschlag einen Aufstand der Anständigen ausrief, war es wie jetzt schon allerhöchste Eisenbahn angesichts vieler Vorfälle zuvor. Aber ein solcher Aufstand nutzt nur etwas, wenn es nicht beim bloßen Bekenntnis der Zuständigen bleibt. Aber ein aus der Regierungspartei ausgerufener Aufstand hat nur dann einen Sinn, wenn der Finanzminister nicht kalte Sozialpolemik auf Kosten der Schwächsten in der Gesellschaft betreibt, Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausspielt. Aber der Appell an Solidarität funktioniert nicht, wenn der Kanzler dem Druck von rechts nachgibt und fordert, wir müssten »endlich im großen Stil abschieben«.

Dennoch ist ein Aufstand der Anständigen dringend nötig. Damit er nicht zum PR-Gag verkommt, muss die Masse der Anständigen – in Köln und Rostock, in Leipzig und Hamburg – laut und hartnäckig bleiben. Und alle Parteien, die sich demokratisch nennen, immer wieder zur Anständigkeit drängen.

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