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Bauern: Keine Subventionen sind auch keine Lösung
Zwischen Fördern und Fordern: Was die Landwirte vom Staat erhalten und was im Gegenzug dafür von ihnen verlangt wird.
Bei den jüngsten Bauernprotesten gehe es längst nicht mehr um die aktuellen Kürzungen, hieß es oft in den vergangenen Tagen. Die Unzufriedenheit und Wut der Landwirt*innen liege viel tiefer. Ein Blick in die vergangenen Jahrzehnte Agrarpolitik zeigt: Der mangelnde politische Wille, Maßnahmen planungssicher umzusetzen, hat immer mehr landwirtschaftliche Betriebe in teils ausweglose Situationen gebracht. Das eint die Bäuerinnen und Bauern. Uneinigkeit herrscht darüber, welcher Weg eingeschlagen werden soll. Das gilt auch in der Frage der Subventionen – denn die gesellschaftlichen Anforderungen haben sich verändert.
Die Landwirtschaft in Deutschland ist wie im Rest der Europäischen Union stark subventioniert, der EU-Agrarhaushalt macht mit rund 60 Milliarden Euro rund 40 Prozent des Gesamthaushaltes aus. Die Branche erfüllt einerseits eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe – die Ernährung. Gleichzeitig geht es um Unternehmen, die auch für den Weltmarkt produzieren und hier im krassen Wettbewerb stehen. Heute geht ein Drittel der landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus Deutschland in den Export.
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Betriebe erhalten Steuergelder von der EU, dem Bund und aus den Ländern – damit werden auch politische Rahmenbedingungen gesetzt. »Das Grundprinzip besteht darin, dass erst der große Geldregen verteilt wird, um dann aber ganz viele Auflagen an diese Subventionen zu koppeln«, erklärte jüngst der Präsident des bundeseigenen Thünen-Instituts, Folkhard Isermeyer, in der Tagesschau. Und ergänzt: »Da ist inzwischen eine Regelungsdichte erreicht, die sowohl die einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe überfordert, als auch manchmal die Behörden, die das Ganze ja umzusetzen haben.«
Betriebe sterben und wachsen
Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt seit 2020 um rund 7800 geschrumpft. Im Jahr 2023 gab es noch 255 000 Betriebe und damit drei Prozent weniger als drei Jahre zuvor. »Wachse oder weiche«: Der Strukturwandel hin zu weniger, aber dafür größeren Betrieben setzt sich fort. Gleichzeitig arbeiten immer weniger Menschen in der Branche. Die Zahl der Arbeitskräfte sank von 2020 bis 2023 um sieben Prozent auf insgesamt 876 000. Darunter waren 242 800 Saisonarbeitskräfte. Im Schnitt beschäftigte ein Betrieb 3,4 Arbeitskräfte.
Die Betriebe sind dabei sehr verschieden. So können viele Landwirt*innen trotz umfangreicher Subventionen kaum kostendeckend arbeiten, andere können mit ihren betrieblichen und örtlichen Gegebenheiten gute bis sehr gute Erträge und Gewinne erzielen. Das ist von zahlreichen Faktoren abhängig: Welche Produkte werden produziert? Wie ist der Boden? Wie ist die logistische Anbindung an Handelsstrukturen? »Für eine Agrar- und Ernährungswende, die nachhaltig und umwelt- und klimaschonend ist, brauchen Landwirt*innen eine faire Entlohnung ihrer Arbeit und faire Preise für die Lebensmittel, die sie erzeugen. Da jahrzehntelang andere Strukturen gefördert wurden, ist auch ein Finanzierungskonzept für die Umstellung selbst nötig«, sagt Beate Richter, wissenschaftliche Referentin für Agrarpolitik beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft. »Umweltfreundliche Produktionsweisen müssen für landwirtschaftliche Betriebe rentabel werden. Für die Umstellung benötigen Landwirt*innen Unterstützung – finanziell, systemisch und mit Wertschätzung für ihren gesellschaftlichen Beitrag.«
Auf EU-Ebene ist die Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) seit Jahren ein Streitthema. Im Kern geht es um die Ausstattung der zwei Säulen: Mit den Direktzahlungen wird die Fläche, die ein Betrieb bewirtschaftet, subventioniert. Je größer der Hof, desto mehr Geld. Neu in der aktuellen Förderperiode liegt in der ersten Säule der Anteil für ökologische Maßnahmen bei 25 Prozent und macht jährlich mehr als eine Milliarde Euro aus.
Mit der zweiten Säule werden Umweltmaßnahmen und ländliche Entwicklung gefördert. An die Zahl der Arbeitsplätze sind die GAP-Zahlungen nicht gekoppelt. In Deutschland können Landwirt*innen also zum Beispiel Blühflächen und Altgrasstreifen anlegen oder auf Pflanzenschutzmittel verzichten, um zusätzlich Geld zu bekommen. Im vergangenen Jahr wurden allerdings fast 40 Prozent des Budgets für diese sogenannten Ökoregeln nicht ausgeschöpft. Der Bund bezuschusst zudem die gesetzliche Alters- und Krankenversicherung der Landwirte.
Besonders die Direktzahlungen stehen mehr und mehr in der Kritik. Eingeführt wurden sie Anfang der 1990er Jahre. Davor gab es Preisausgleichszahlungen, weil die Betriebe wegen hoher Kosten nicht mit dem Weltmarkt konkurrieren konnten. Diese staatlich garantierten Preise aber hatten zu Überproduktion geführt.
Das Problem mit den Direktzahlungen
Wenn heute gefordert wird, die Direktzahlungen auslaufen zu lassen, wäre das besonders für große Betriebe mit vielen Arbeitskräften schmerzhaft. Auch deshalb wird dieser Vorschlag besonders im Osten des Landes kritisiert. Andere fordern schon lange mindestens eine Obergrenze. »Von einer Umverteilung dieser Gelder würde eine größere Breite und Vielfalt der Betriebe in Deutschland finanziell profitieren«, sagt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Sie fordert für die neue GAP-Förderperiode ab 2027, dass auch Umweltleistungen einkommensrelevant sein müssen. Bisher gebe es hierfür Prämien. Diese seien aktuell so konzipiert, dass sie lediglich den entgangenen Ertrag kompensieren. »Würden die Prämien in einem Umfang erhöht, der einen Teil der Zahlung als Gewinnbeitrag auf den Betrieb bringt, hätten Bäuerinnen und Bauern endlich die Möglichkeit, mit Umweltleistungen auch Einkommen zu generieren«, heißt es im kürzlich vorgestellten Sechs-Punkte-Plan. Auch der Deutsche Bauernverband sieht inzwischen den Bedarf, Direktzahlungen durch andere Leistungen zu ersetzen. Wichtig für den Bauernverband: Die Wettbewerbsfähigkeit muss gleichwertig behandelt werden, es dürfe keinen Vorrang für Natur- und Umweltschutzmaßnahmen geben.
Es ist mitnichten so, dass Landwirte das System der Subventionen an sich unterstützen. Besser wäre es, sie würden Preise erzielen, die sie von ihrer Arbeit leben lassen. Doch so einfach ist das nicht, denn Landwirt*innen können die höheren Kosten nicht an die Verbraucher*innen weitergeben. Zudem sind steigende Preise sozialpolitisch problematisch. Am Beispiel Tierhaltung ist das gut zu sehen. Hier ging die Zahl der Betriebe binnen drei Jahren um 7100 auf 161 700 zurück. Gesellschaftlich ist es zwar erwünscht, Nutztiere in guten Bedingungen zu halten, die Mehrkosten jedoch werden nicht eingespielt.
Tierwohl und Klimaschutz
Gleichzeitig wird aus ernährungspolitischer Sicht und wegen der Folgen des Klimawandels gefordert, den Fleischkonsum zu verringern. Hier hat das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, das ist die sogenannte Borchert-Kommission, bereits im Februar 2020 ein Konzept für den Umbau der gesamten deutschen Nutztierhaltung zu einem deutlich höheren Tierwohlniveau vorgelegt. Die Empfehlungen wurden ausgehandelt zwischen der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, Umweltverbänden sowie Wissenschaftler*innen. Passiert ist seitdem kaum etwas. Das seit zwei Jahren grün-geführte Agrarministerium hat zwar erste Schritte in die Wege geleitet, etwa mit einem Tierhaltungskennzeichen auf Fleischverpackungen. Die Finanzierungsfrage einer Tierwohlabgabe jedoch ist nicht geklärt. Wenn Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir jetzt in den Medien fordert, hier endlich ins Handeln zu kommen, dann richtet er den Appell wohl an sein eigenes Haus.
Mit der Tierwohlabgabe ist ein Aufpreis auf alle tierischen Produkte gemeint. Aus den Einnahmen können Landwirt*innen beim Umbau ihrer Ställe unterstützt werden. Wie diese Abgabe erhoben werden soll, ist aber ungeklärt, es liegen verschiedene Modelle auf dem Tisch. Eine Möglichkeit wäre eine erhöhte Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte, doch hier ist unklar, wie das den Landwirt*innen zugutekommen soll. Immerhin hat Özdemir am Donnerstag angekündigt, sein Ressort könne eine Milliarde Euro für den Umbau der Schweinehaltung zur Verfügung stellen, weitere Bereiche sollen folgen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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