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Das Vertrauen der Sachsen ist im Keller
Bevölkerungsbefragung offenbart wachsende Distanz zur Politik und starken Zuwachs an Ressentiments
Der jüngste »Sachsen-Monitor« hält Überraschungen bereit. Das Robert-Koch-Institut (RKI) etwa gilt einer Mehrheit der Sachsen als vertrauenswürdig. Das war nach der Corona-Pandemie und dem erbitterten Streit um das Impfen, dem sich im Freistaat überdurchschnittlich viele Menschen verweigerten, nicht unbedingt zu erwarten.
Allerdings ist das RKI neben Polizei und Gerichten eine von wenigen Institutionen, denen in Sachsen noch mehrheitlich vertraut wird. Ansonsten offenbart das Stimmungsbarometer, das Sachsens Landesregierung seit 2016 zum vierten Mal in Auftrag gegeben hat und für das gut 2000 Menschen befragt wurden, einen dramatischen Verlust an Rückhalt vor allem für die Politik. Der Bundesregierung vertrauen nur noch 18 Prozent, ein Minus von 21 Punkten binnen zwei Jahren. Noch schlechter bewertet werden nur Medien sowie Parteien. 82 Prozent gaben an, der Berliner Regierung wenig oder gar nicht zu vertrauen. Die Erhebung fand von Juni bis September statt, also vor den jüngsten Bauernprotesten gegen die Ampel.
Nicht ganz so dramatisch, aber immer noch deutlich ist der Vertrauensverlust in andere politische Institutionen. Dem Europäischen Parlament vertrauen noch 20 Prozent der Sachsen (minus 14), der Landesregierung 44 und den Bürgermeistern 50 Prozent. Auch dort fällt der Rückgang mit 9 und 14 Punkten deutlich aus. Der Befund ist nicht zuletzt deshalb besorgniserregend, weil 2024 im Freistaat auf allen drei Ebenen Wahlen anstehen. Im Juni findet parallel zur Europawahl eine Kommunalwahl statt, am 1. September wird der Landtag gewählt. Die Gefahr, dass die AfD erstmals stärkste Partei wird, ist groß.
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Die Daten des Sachsen-Monitors widerlegen die These, dass sich in den AfD-Umfragewerten von deutlich über 30 Prozent nur Protest manifestiere. Vielmehr offenbart die Befragung ein erschreckendes Maß an Ressentiments bei vielen Bürgern. Fast zwei Drittel der Befragten halten die Bundesrepublik für »in gefährlichem Maß überfremdet«. Der Wert stieg gegenüber 2022 um 24 Prozentpunkte. Bei der Befragung 2018, also gut drei Jahre nach der »Flüchtlingskrise« von 2015 und den massiven zuwanderungsfeindlichen Protesten im Freistaat, hatte er schon einmal bei 56 Prozent gelegen und war dann einigermaßen überraschend auf 40 Prozent gesunken. Nun stieg er noch steiler wieder an, ebenso wie die Zustimmung zur Aussage, wegen vieler Muslime fühle man sich als »Fremder im eigenen Land«, die gut jeder Zweite für zutreffend hält. 61 Prozent der Sachsen glauben zudem, in der Bundesrepublik werde »zu viel Rücksicht auf Minderheiten« genommen; gut die Hälfte meint, es sei Zeit für mehr »Widerstand« gegen die Politik. Die Rechtswissenschaftlerin Constanze Geiert, Vorsitzende des Monitor-Beirats, sieht eine »besorgniserregende Distanz von größeren Teilen der Bevölkerung zu wichtigen Prinzipien der Demokratie«.
Es verwundert nicht, dass es auch in der Landespolitik nur eine politische Kraft gibt, die aus den Zahlen Zuversicht schöpft. Die AfD erklärte, man sehe die eigene Politik »auf breiter Linie bestätigt«. In anderen Parteien schaut man ernüchtert auf die Ergebnisse. Sie gäben »Anlass zur Beunruhigung«, sagt die grüne Justizministerin Katja Meier. Die linke Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz stellt fest, Ressentiments seien im Freistaat »zur Mehrheitsposition geworden«. Henning Homann, Landeschef der SPD, nennt die Zahlen »erschreckend« und fürchtet, sie taugten dazu, »die üblichen Geschichten über Sachsen zu erzählen«.
Homann macht für den Vertrauensverlust aber auch Politiker verantwortlich, die »tagtäglich kundtun, das Land stehe kurz vor dem Abgrund«. Das darf als Hieb gegen CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer verstanden werden, der ständig die Berliner Ampel kritisiert. Politik müsse Probleme lösen »und nicht nur Dinge beklagen«, sagt Homann. Damit sei sie freilich sowohl in Bund als auch im Land gescheitert, erwidert Linke-Landeschef Stefan Hartmann und spricht von einem »desaströsen Versagen der Regierenden«. Die Bürger seien »zurecht« unzufrieden.
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