Freie Wähler und CSU machen AfD-Politiker zu Verfassungsrichtern

Der Vorgang hätte über eine Verfahrensänderung verhindert werden können – der Versuch von SPD und Grüne war gescheitert

Die bayerische Brandmauer bröckelt weiter. Der dortige Landtag hat am Mittwochabend zwei Kandidaten der AfD zu ehrenamtlichen Richtern des Verfassungsgerichtshofs gewählt – mit den Stimmen von CSU sowie den Freien Wählern. Und das, obwohl die Bayern-AfD inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Ob die Wahl überhaupt hätte verhindert werden können, ist unklar. Denn in der bayerischen Verfassung ist festgelegt, dass jede im Landtag vertretene Partei abhängig von ihrer Stärke Kandidaten für die 15 nicht beruflichen Mitglieder des Verfassungsgerichts vorschlagen darf. Abgestimmt wird nach dem bayerischen Verfahren über die gesamte Liste auf einmal.

Der Gedanke hinter dem Verfahren sei, dass das Verfassungsgericht auch ein Abbild des Parlaments und damit des politischen Diskurses in der Gesellschaft sein soll, erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion, Michael Hofmann am Mittwoch im Plenum. »Freilich dachten die Mütter und Väter der bayerischen Verfassung nicht in den schlimmsten Vorstellungen daran, dass Radikale und Extremisten im Laufe unserer Geschichte wieder Teil des Parlaments werden können. Aber sie sind es, und sie verhehlen ihre Feindschaft auch nicht«, so Hoffmann weiter.

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Die Demokraten müssten trotzdem die von ihnen selbst geschriebenen Regeln einhalten, die sich nicht von heute auf morgen ändern ließen, sagte der CSU-Politiker. Die Menschen dürften nicht an der Rechtschaffenheit der Abgeordneten zweifeln. »Wir haben als Parlament die Grundrechte zu wahren – auch das Grundrecht aller Menschen in Bayern auf ihre gesetzmäßigen Richter, wie es uns von der Verfassung vorgegeben ist.« Hofmann sprach von einer »schweren Abwägung«.

Hätte die Wahl verhindert werden können?

Bei den Abgeordneten der Oppositionsparteien sorgte der Vorgang für Empörung. Es sei ein großes Problem, dass sich im Parlament eine Partei befinde, die antidemokratisch und menschenfeindlich sei, sagte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn. Zwar sei es wichtig, die Funktionsfähigkeit des Verfassungsgerichtshofs zu beachten, die durch eine unvollständige Besetzung des Gerichts gefährdet sein könnte. Die SPD habe sich aber entschieden, die »neuen Nazis« nicht zu wählen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Jürgen Mistol, betonte, die AfD sei eine Gefahr für die Verfassung und die Demokratie. »Wir werden keine Kandidaten der AfD für die nicht berufsrichterlichen Mitglieder am bayerischen Verfassungsgerichtshof wählen. Feinde unserer Verfassung haben in einem Verfassungsgericht nichts zu suchen.« Um künftig Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, werde die Grünen-Fraktion einen neuen Gesetzentwurf vorlegen, so Mistol.

Die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen versuchten schon Ende letzten Jahres, den Eintritt der AfD in den Verfassungsgerichtshof zu verhindern, indem sie Einzelabstimmungen beantragten, wie sie in anderen Bundesländern üblich sind. So könnte den AfD-Kandidaten das Richteramt verwehrt werden. Die Anträge blieben jedoch erfolglos. Die Regierungsparteien verzichteten auf die Anträge. Es sei »aus Rechtsgründen erforderlich, das bisherige Gesamtabstimmungsverfahren beizubehalten«, sagte die CSU-Fraktion der »Süddeutschen Zeitung«. Die Freien Wähler argumentierten, die Gesamtabstimmung sei schon seit Jahrzehnten üblich.

Wer sind die AfD-Kandidaten?

Die am Mittwoch bestätigten AfD-Kommunalpolitiker Wolfram Schubert und Rüdiger Imgart wurden schon 2018 in den Verfassungsgerichtshof gewählt. Allerdings wurde die rechte Partei damals noch nicht, wie es inzwischen der Fall ist, vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet.

Der frühere Oberstaatsanwalt Schubert sitzt für die AfD im Landshuter Stadtrat. In der Partei war er eine Zeit lang Kreisvorsitzender in Landshut und als Schriftführer Mitglied des AfD-Landesvorstands. Der Rechtsanwalt Imgart ist Weilheimer AfD-Stadt- und Kreisrat. 2020 nahm er an den Corona-Demonstrationen vor dem Berliner Reichstag teil, die in einer versuchten Stürmung des Reichtagsgebäudes endeten. Damals tauchten Bilder von Irmgart mit Reichsflaggen im Hintergrund auf.

Die nicht beruflichen Richter haben dieselben Befugnisse wie ihre berufsrichterlichen Kollegen.

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