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Fahren ohne Ticket: Berlin hält an Haftstrafen fest
Der schwarz-rote Senat will das Fahren ohne Fahrschein weiterhin zur Anzeige bringen.
Dass die strafrechtliche Behandlung von Menschen, die ohne Fahrschein den öffentlichen Personennahverkehr nutzen, verbesserungswürdig ist, ist kein exklusiv linkes Thema. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Plötzensee Uwe Meyer-Odewald, selbst Jurist, nennt es absurd, dass Menschen dafür ins Gefängnis müssen. Er fordert eine Entkriminalisierung. Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers plädiert seit Jahren für Straffreiheit. Die Justizministerkonferenz und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) haben sich für eine Gesetzesänderung ausgesprochen, auch die SPD-Bundestagsfraktion will den Straftatbestand »Erschleichen von Dienstleistungen« aus dem Strafgesetzbuch (Paragraf 265a) streichen.
In den SPD-regierten Städten Düsseldorf und Bremen müssen Passagiere keine Ersatzfreiheitsstrafe mehr fürchten, wenn sie ohne Ticket erwischt werden und ein Bußgeld nicht zahlen können. Möglich wird das, da die Rathäuser ihre Kompetenzen in den landeseigenen Verkehrsunternehmen ausspielen, damit diese von Anzeigen absehen.
Ein Antrag der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will eine äquivalente Weisung des Senats an die BVG erreichen. Im Wirtschaftsausschuss am Montag fand sich jedoch keine Mehrheit. Während Grüne und Linke für den Antrag stimmten, wurde er von AfD, CDU und SPD abgelehnt. Dass die Regierung einheitlich abstimmt, wundert nicht – eine entsprechende Verabredung findet sich wie üblich im Koalitionsvertrag. Dennoch sticht die SPD mit der Argumentation hervor, der »Antrag wolle sich vorbeimogeln und vorwegnehmen, was zunächst auf Bundesebene zu regeln« sei, wie es Florian Dörstelmann formuliert.
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Das findet Sebastian Schlüsselburg (Linke), Urheber des Antrags, in doppelter Weise erklärungsbedürftig. Er verweist gegenüber »nd« zum einen auf Bremen und Düsseldorf, zum anderen darauf, dass mit Grünen und Linken auch in Berlin eine andere, größere Mehrheit möglich sei. Die jetzige Praxis kriminalisiere Armut, fülle die Gefängnisse und sei mit 229 Euro pro Häftling und Hafttag sehr teuer. Schlüsselburg sagt gar: Rechtsdogmatisch sei das Fahren ohne Ticket nicht mal eine Ordnungswidrigkeit, denn die öffentliche Sicherheit sei nicht in Gefahr. »Der Unwertgehalt ist vergleichbar mit dem Parken ohne Parkschein.«
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) verweist hingegen auf das milde Vorgehen Berlins. Erst wer dreimal innerhalb eines Jahres erwischt werde, müsse mit einer Anzeige rechnen, und das auch nicht immer. Und: »Das ist schon eine Leistung, dass man das schafft.« Es sei dann in solchen Fällen »begründet, dass dagegen vorgegangen wird«, sagt Giffey.
Bevor das Plenum des Abgeordnetenhauses endgültig über den Antrag abstimmt, wird er noch in den Ausschüssen für Verkehr und Rechtsangelegenheiten behandelt.
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