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Bruder von Shahak Shapira: FU-Student krankenhausreif geschlagen

Lahav Shapira wird in Berlin offenbar von einem propalästinensischen Kommilitonen verprügelt – die Freie Universität (FU) prüft rechtliche Schritte

Tatort im Herzen Berlins: Der Rosenthaler Platz bei Nacht
Tatort im Herzen Berlins: Der Rosenthaler Platz bei Nacht

Mit Knochenbrüchen im Gesicht liegt Lahav Shapira in einem Berliner Krankenhaus, während ihn eine Journalistin für das israelische Fernsehen interviewt. Auf Hebräisch erzählt Shapira vom Freitagabend: von einem Schlag, der ihn aus dem Gleichgewicht bringt, von einem Tritt ins Gesicht, als er schon am Boden liegt. Das verbundene Gesicht des 30-Jährigen filmt die Kamera nur von der Seite.

In einer Bar in Mitte war der jüdische Student offenbar von einem propalästinensischen Kommilitonen der Freien Universität (FU) erkannt und dann in der Brunnenstraße am Rosenthaler Platz angegriffen worden. So schildern es Angehörige Shapiras am Sonntag – und weisen die Darstellung der Berliner Polizei zurück. Diese hatte in ihrer Mitteilung von einem »Streitgespräch« über den Krieg in Gaza berichtet, das schließlich eskaliert sei.

»Es gab keinerlei politische Debatte«, widerspricht Shahak Shapira, Comedian und Bruder des Opfers, auf der Plattform X (ehemals Twitter). Der Angreifer sei Lahav Shapira und dessen Begleitung von der Bar aus gefolgt, habe sie aggressiv angesprochen und dann unangekündigt ins Gesicht geschlagen. Kritik übt Shahak Shapira zudem an der zunächst ausbleibenden Stellungnahme der FU. »Nehmt doch einfach ›Macht das unter euch aus‹ als Slogan und gut ist«, postet er am Montagvormittag.

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Kurze Zeit später veröffentlich die Freie Universität schließlich ihr Statement. FU-Präsident Günter Ziegler zeigt sich darin »zutiefst entsetzt« über den »mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriff auf einen jüdischen Studenten«. Die Universität kündigt Konsequenzen an: »Wenn sich bestätigt, dass der Täter Student der Freien Universität Berlin ist, wird die Hochschule umgehend die möglichen juristischen Schritte im Rahmen des Hausrechts prüfen und gegebenenfalls ein Hausverbot durchsetzen.«

Weitere Solidaritätsbekundungen folgen. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, reagiert gegenüber dem Reaktionsnetzwerk Deutschland bestürzt. Auch er fordert »die volle Härte des Gesetzes«, sollten sich die Anhaltspunkte erhärten. Kai Wegner, Berlins Regierender Bürgermeister, verurteilt die Tat als »niederträchtigen Angriff«. Auf X schreibt der CDU-Politiker: »Jüdische Menschen müssen sich in Berlin überall sicher fühlen – auch an unseren Universitäten!« Die Ermittlungen zum Fall Shapira hat der Staatsschutz des Landeskriminalamtes übernommen.

Bei der Besetzung eines FU-Hörsaals durch propalästinensische Studierende und Aktivist*innen im Dezember hatte Lahav Shapira Kommiliton*innen vorgeworfen, den islamistischen Terror der Hamas zu verharmlosen. Im Netz kursieren Videos, auf denen zu sehen ist, wie der Student propalästinensische Plakate in den Räumlichkeiten der FU abreißt.

»Mein Bruder und ich haben teilweise sehr unterschiedliche Ansichten zum Thema Israel/Palästina und streiten oft deshalb«, schreibt Shahak Shapira in einem weiteren Post am Sonntag. »Aber keiner von uns beiden hat eine Ansicht, die es jemals rechtfertigen würde, uns fast den Schädel zu zerschlagen.«

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