Berliner Linke gibt trotz Zuwachses ein Mandat an Hessen ab

Abgeordneter Pascal Meiser ist Verlierer der Wahlwiederholung, Christine Buchholz verzichtet, Jörg Cezanne zieht in den Bundestag ein

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Es klingt paradox, es wirkt surreal: Die Berliner Linke verbesserte sich am Sonntag bei der Teilwiederholung der Bundestagswahl von 2021 um 0,1 Prozentpunkte. Die Partei hat aber in den 455 von 2056 Wahlbezirken der Hauptstadt, in denen die Wahl jetzt wiederholt werden musste, 15 046 Stimmen weniger erhalten als vor zweieinhalb Jahren. Das liegt daran, dass die Wahlbeteiligung damals berlinweit 75,2 Prozent betrug und nun in den genannten 455 Wahlbezirken lediglich 51 Prozent.

Verlierer dieser Entwicklung ist der Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser (Linke). Er muss seinen 2021 gewonnenen Sitz im Parlament abgeben. Einen Verlust von rund 10 000 Stimmen hätte er verkraften können. Alles darüber war zu viel für ihn.

Es sei »bitter«, dass es für Pascal Meiser »nicht gereicht hat«, bedauerten die Linke-Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer. Pascal Meiser habe im Bundestag unermüdlich für gute Löhne, gute Arbeitsbedingungen und bezahlbare Mieten gekämpft. Er habe »immer wieder die windigen Machenschaften großer Unternehmen aufgedeckt«. Brychcy und Schirmer erklärten: »Seine klare Kante für die, die keine Lobby haben, und seine engagierte Stimme« würden fehlen.

»Mir war völlig klar, dass das eine sportliche Herausforderung wird«, sagte Meiser dem »nd« zum Ringen um sein Mandat. Er habe bis zuletzt gekämpft, aber damit rechnen müssen, es nicht zu schaffen. »Mir hat das jetzt nicht die Beine weggehauen«, versicherte der 48-Jährige am Montag. Der leicht positive Trend der Linken zeige ihm, dass die Partei »quicklebendig« sei. Dies sei für ihn »ein kleiner Stimmungsaufheller«. Wie es beruflich für ihn weitergehe, darüber habe er sich noch keine Gedanken gemacht. Schon vor der Wahl einen Plan B zu schmieden, »das ist nicht meine Art«, sagte Meiser. Zunächst einmal sei er noch bis 1. März Abgeordneter, es gebe bis dahin noch eine Sitzungswoche des Bundestags und er wolle seinen Job bis zum Schluss machen. Meiser treibt erst einmal um, was aus seinen Mitarbeitern werde, ob er sie auf neue Stellen vermitteln könne. Um sich selbst wolle er sich danach kümmern.

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Anstelle von Pascal Meiser wäre nun regulär Christine Buchholz aus Hessen in den Bundestag eingezogen. Sie gehörte der Linksfraktion von 2009 bis 2021 an. Am Montag erklärte Buchholz jedoch, das Mandat nicht anzunehmen. In ihren zwölf Jahren im Bundestag habe ihr »Schwerpunkt in den Bereichen Krieg und Frieden sowie im Kampf gegen rechts, speziell in der Auseinandersetzung mit antimuslimischem Rassismus« gelegen, erinnerte Buchholz. »Die Entwicklungen der letzten Jahre haben mich wiederholt in Konflikt mit der mehrheitlichen Linie der Partei und der Fraktion gebracht. Das betreffe Kritik an der Nato, die deutschen Rolle im Krieg um die Ukraine und die deutsche Unterstützung für «Israels Krieg in Gaza». Die Linke werde ihrer Aufgabe als Antikriegspartei nicht gerecht. Die Annahme des Mandats würde sie in einen ständigen Konflikt bringen. Doch auch die Wagenknecht-Partei BSW sei für sie keine Alternative. Der «Standortnationalismus» des BSW schwäche «eine linke und internationalistische Perspektive in gesellschaftlichen Bewegungen».

Anstelle von Christine Buchholz geht der Sitz im Bundestag an Jörg Cezanne. «Ja, ich werde das Mandat antreten», sagte er dem «nd». Cezanne war von 2017 bis 2021 schon einmal Bundestagsabgeordneter und arbeitet im Moment noch für das Bundestagsbüro der Linke-Vorsitzenden Janine Wissler. Aufgewachsen im hessischen Mörfelden-Walldorf und politisiert durch den Widerstand gegen die Startbahn West des Frankfurter Flughafens, gehörte der heute 65-Jährige von 1977 bis 1989 der Deutschen Kommunistischen Partei an. Ab 1983 saß Jörg Cezanne im Bundesvorstand der DKP-Jugendorganisation SDAJ.

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