Neue Krise in den USA

Die Risiken sind über die ganze Welt verteilt – auch bei deutschen Banken

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Der hohe Leerstand in US-Gewerbeimmobilien wird zum Problem für Banken.
Der hohe Leerstand in US-Gewerbeimmobilien wird zum Problem für Banken.

Die Pleite von Silicon Valley Bank und Signature Bank in den Vereinigten Staaten ist noch kein Jahr her. Nun geraten erneut US-Regionalinstitute in den Blick der Finanzwelt. Lösten damals schlecht abgesicherte Zinsrisiken eine Bank-Panik aus, stehen jetzt Gewerbeimmobilien im Zentrum – ein Markt, der auch nach dem Ende der Corona-Pandemie noch in der Krise steckt. Dass diese zusehends auch für europäische Geldhäuser zu einem Problem wird, zeigen die aufgeregten Reaktionen an den Börsen in dieser Woche.

Auslöser der Turbulenzen ist die für US-amerikanische Verhältnisse mittelgroße New York Community Bancorp (NYCB). Sie hatte im vergangenen Jahr einen Großteil der maroden Signature Bank übernommen, wodurch ihre Bilanzsumme auf mehr als 100 Milliarden Dollar anwuchs. Damit hat sie immerhin eine Größe wie eine Landesbank in Deutschland. Nun leidet die NYCB selbst unter faulen Immobilienkrediten. Für das vierte Quartal musste sie daher kürzlich sogar einen Verlust ausweisen, was Banken nur sehr selten passiert. Ratingagenturen stuften Anleihen der New Yorker daraufhin als »Junkbonds« ein, also als Schrottpapiere.

NYCB dürfte kein Einzelfall bleiben. Die Wertverluste von Immobilienkrediten liegen nach Schätzungen von US-Finanzexperten bei hohen dreistelligen Milliardenbeträgen. Dahinter steckt insbesondere der Trend zum Homeoffice: Aktuell stehen in den USA so viele Büros leer wie nie zuvor, wie die Ratingagentur Moody’s ermittelt hat. In Metropolen wie San Francisco, Los Angeles oder New York stehen bis zu 35 Prozent der Bürogebäude leer, für die neue Mieter gesucht werden. Die tatsächliche Leerstandsquote dürfte sogar noch höher sein, denn in vielen Gebäuden mit laufenden Mietverträgen sind die Büros unbesetzt, weil die Beschäftigten von zu Hause aus arbeiten. Dies untergräbt die Rentabilität von Büros, der Preisverfall verringert gleichzeitig den Wert der Sicherheiten für die Kredite, die zur Finanzierung dieser Büroflächen ausgereicht worden waren. /ser

In dieser Gemengelage steigen die Ausfallraten der Banken, und es droht eine Kettenreaktion bis in die Realwirtschaft hinein. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt daher in einem Blog: »Steigende Ausfälle in diesem (US-Büro-)Sektor könnten die Kreditvergabe einschränken und einen Teufelskreis aus verschärften Finanzierungsbedingungen, sinkenden Preisen und Verlusten für Banken auslösen, der sich negativ auf die übrige Wirtschaft auswirkt.«

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Die Situation erinnert in manchem an die US-Immobilienkrise der Jahre 2007–2010, die letztlich eine weltweite Finanzkrise auslöste. Damals verloren die Wohnhäuser von Millionen Bürgern rapide an Wert. Zwar geht es heute um Bürogebäude, aber wie damals sind die milliardenschweren Risiken in Form von Wertpapieren über die ganze Welt verteilt und treffen auch kanadische, japanische und deutsche Banken.

Das große Zittern hat die vergleichsweise kleinere Deutsche Pfandbriefbank (PBB) aus München erfasst. Ihr Kreditbuch besteht laut Medienberichten zu 15 Prozent aus Darlehen für US-Gewerbeimmobilien. In einer aktuellen Mitteilung vom vergangenen Donnerstag versucht die Bank einer Panik vorzubeugen: »Trotz dieser Belastungen bleibt die Pfandbriefbank weiterhin profitabel – selbst in der größten Immobilienkrise seit der Finanzkrise.« Hingegen spekuliert das »Handelsblatt«, PBB sei nun »ein Sanierungsfall – bestenfalls«.

Pikant am Rande: Die Pfandbriefbank war aus der Hypo Real Estate (HRE) hervorgegangen, die als Folge der Finanzkrise 2009 verstaatlicht und mit über 120 Milliarden Euro Garantien ausgestattet worden war. Unter Druck stehen sollen hierzulande auch die Aareal Bank in Wiesbaden und die Deutsche Bank, die stark in US-Büroimmobilien engagiert sein sollen.

Die Herausforderungen für die Geldhäuser verschärft, dass sie auch auf ihrem Heimatmarkt mit den Folgen des Homeoffice-Trends sowie mit steigenden Zinssätzen und sinkenden Preisen für Bauten kämpfen. Dies zeigt der neue Immobilienpreisindex, den der Verband Deutscher Pfandbriefbanken in dieser Woche veröffentlichte. Die Preise von Wohnimmobilien fallen danach seit Monaten. Noch finsterer aus Sicht der Banken ist das Bild bei Gewerbeimmobilien: Bei Büros beschleunigte sich 2023 der Preisrückgang von 2,5 im dritten Quartal auf 5,2 Prozent im Schlussquartal – der bisher kräftigste Rückgang überhaupt. Seit ihrem Zenit im Jahr 2022 haben die Büroimmobilienpreise bereits um 13,3 Prozent nachgegeben. Eine Trendwende scheint nicht in Sicht.

Eine Trendwende sieht man auch in den USA bislang nicht. Finanzministerin Janet Yellen warnte vergangene Woche in einer Kongressanhörung, die Verluste bei Gewerbeimmobilien würden Eigentümer und Banken schwer belasten. »Ich denke aber, das Problem ist beherrschbar«, sagte sie. Um eine Kettenreaktion zu verhindern, hatte die Notenbank Fed vor einem Jahr den schwächelnden Banken großzügig Liquidität zur Verfügung gestellt. Ob das dieses Mal ausreichen wird, bleibt abzuwarten.

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