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Das DFL-Dilemma

Der Investoren-Deal bereitet vielen Klubs Bauschschmerzen: Investor Blackstone steigt aus

Protestfilz: In deutschen Stadien regnet es mittlerweile regelmäßig Tennisbälle.
Protestfilz: In deutschen Stadien regnet es mittlerweile regelmäßig Tennisbälle.

Am Sonntag wurde in Berlin die Bundestagswahl in Teilen wiederholt. Zu groß waren die Unregelmäßigkeiten beim ursprünglichen Termin im September 2021. Dass genau deshalb auch die im Dezember erfolgte Abstimmung über den Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) wiederholt wird, hält bekanntlich ein halbes Dutzend Klubvertreter aus der ersten und zweiten Liga für notwendig. Darunter auch die des Karlsruher SC, des VfB Stuttgart oder des F.C. Hansa Rostock, die damals mit »Ja« gestimmt hatten. Ihr Argument ist das gleiche wie das des Bundesverfassungsgerichts, das bei der Berlin-Wahl intervenierte: Wenn die Legitimität einer Abstimmung infrage steht, ist auch ihr Ergebnis nicht legitim.

Dass die Diskussion über eine Wiederholung der Abstimmung derart Fahrt aufgenommen hat, liegt dann auch nur indirekt an den Fanprotesten. Wenngleich die so massiv und so ausdauernd ausfallen, dass der ein oder andere Vereinsvertreter nachdenklich geworden sein mag, ob er sich mit seinem Abstimmungsverhalten im eigenen Klub einen Gefallen getan hat. Den Stein ins Rollen gebracht hatte mit Michael Welling aber ein Klubvertreter. Der Geschäftsführer des Zweitligisten VfL Osnabrück hatte Anfang Februar angekündigt, sein Verein werde beantragen, dass es künftig keine geheimen Abstimmungen mehr auf DFL-Ebene geben dürfe. Nur so könne man »garantieren, dass die Klubvertreter bei DFL-Abstimmungen den Vereins- und Mitgliederwillen umsetzen und gemäß der Idee von 50+1 agieren«.

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Bei der Abstimmung im Dezember war der Investoren-Einstieg in geheimer Abstimmung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der 36 Profivereine beschlossen worden. Eine einzige Stimme hatte den Ausschlag gegeben. Unwidersprochen (auch von ihm selbst) bleibt der Verdacht, dass diese von Hannover-96-Boss Martin Kind kam, den der Klub beauftragt hatte, mit »Nein« zu stimmen. Wenn das Gebot der Transparenz derart missachtet werde, so Welling, müsse man zugeben, dass dies »in Verbindung mit dem knappen Abstimmungsergebnis nicht hilfreich für die Akzeptanz« sei.

Ähnlich argumentierten seither auch andere Klubvertreter. Allen voran Claus Vogt, der als Präsident des VfB Stuttgart als erster Vertreter eines Erstligisten eine »erneute, transparente Abstimmung aller 36 Vereine« ins Spiel gebracht hatte. Dirk Zingler, Präsident von Union Berlin, KSC-Geschäftsführer Michael Becker und Robert Marien, Vorstand von Hansa Rostock, schlossen sich an. Zumindest Vogt will damit »auch die Situation in den Stadien beruhigen.«

Auch bei anderen Vereinen hört man, dass in der Winterpause aus der Mitgliedschaft gute Argumente gegen einen Investoreneinstieg vorgebracht worden seien. Es sei ein Fehler gewesen, die Abstimmung im Dezember im Hauruckverfahren ohne gründliche Diskussion an der Basis durchzuziehen. Zuletzt waren die Proteste in den Stadien besonders heftig ausgefallen, das Spiel Hertha BSC Berlin gegen den HSV wurde erst nach 32 Minuten wieder angepfiffen; Unterbrechungen von einer Viertelstunde wie am vergangenen Sonntag in Stuttgart sind keine Seltenheit. Das dürfte auch daran liegen, dass das aus der Anti-Katar-Bewegung hervorgegangene Bündnis Fairness United kurz zuvor unter der Überschrift »Heuschrecken, die möglichen ›Partner‹ der DFL« Rechercheergebnisse publik gemacht hatte, wonach beide Kandidaten als Liga-Investor, CVC und Blackstone, auch durch Mietwucher, dubiose Sportwetten und sogar Kinderarbeit Geld verdienten. Beide Finanzunternehmer sollen zudem vom saudi-arabischen Staatsfonds unterstützt werden. »An euren Händen klebt Blut«, steht seither auf Fan-Transparenten.

Hinter vorgehaltener Hand meinen mittlerweile auch Vereinsvertreter, die im Dezember für den Investoreneinstieg gestimmt haben, sie hätten mit Geschäftsbeziehungen zu Saudi-Arabien große Probleme. Die meisten Klubs haben in den vergangenen Monaten Kampagnen für Diversität und Awareness-Programme gegen sexuelle Belästigung gestartet. Da sind Beziehungen zu einem offensichtlich homophoben und frauenfeindlichen Staat ein allzu großer Widerspruch.

Am Dienstagabend ist Blackstone aus dem Verfahren ausgestiegen. Und das ganz offensichtlich nicht zuletzt wegen der Fanproteste und der darauffolgenden gesellschaftlichen Debatte. Spannend wird nun zu beobachten sein, wie die Kurven am kommenden Spieltag agieren. Der Logik der vergangenen Wochen folgt eine weitere Eskalation, die nach Lage der Dinge nur ein kompletter Spielabbruch sein könnte. Davor schrecken die meisten Kurven mehrheitlich (noch) zurück. Zudem muss ein Spielabbruch vom Schiedsrichter erst erklärt werden, wenn ein Spiel über 45 Minuten unterbrochen werden musste: Ob so viele Tennisbälle unbemerkt auf die Ränge gelangen, ist dann doch fraglich.

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