- Politik
- Abgrenzung zur AfD
Sachsens Freie Wähler gegen Brandmauer
Landesverband trägt Beschluss auf Bundesebene zu Kooperationsverbot mit AfD nicht mit
Die Freien Wähler (FW) kooperieren nicht mit der AfD: Diesen Beschluss fasste am Samstag ein Bundesparteitag der Wählervereinigung in Bitburg mit großer Mehrheit. 92 Prozent der Teilnehmer sprachen sich gegen Koalitionen, gemeinsame Fraktionen und die Unterstützung von Kandidaturen aus. Damit werde eine »gelebte Praxis« bestätigt, erklärte Hubert Aiwanger, FW-Bundeschef und Wirtschaftsminister in Bayern: Die Abgrenzung sei »seit Jahren unsere Linie«. So nehme man Ex-AfD-Mitglieder nicht auf. Schon seit 2021 gebe es einen Unvereinbarkeitsbeschluss.
Allerdings weist die im Bund errichtete Brandmauer eine große Bresche auf, und zwar in Sachsen, wo am 1. September ein neuer Landtag gewählt wird. Einen Tag nach dem Bitburger Beschluss erklärte der Landesverband, man nehme diesen zur Kenntnis, unterstütze ihn aber nicht. Deutschland habe »keine guten Erfahrungen mit dem Bau von Mauern gemacht«, erklärte der Landesvorsitzende Thomas Weidinger und fügte an: »Hinter einer Brandmauer verschwinden auch die Wähler der AfD, die wir für die bürgerliche Mitte zurückgewinnen wollen.« Um Politik »im Interesse des Volkes« zu betreiben, dürfe es »keine Rolle spielen«, von welcher Partei ein Antrag im Landtag komme.
Die Freien Wähler sind bis jetzt nicht im Dresdner Landtag vertreten. Bei der Landtagswahl 2019 scheiterten sie mit 3,4 Prozent. Diesmal allerdings hoffen sie, die Fünfprozenthürde zu überwinden oder alternativ von der »Grundmandatsklausel« zu profitieren, der zufolge auch der Gewinn zweier Direktmandate zum Einzug in den Landtag reicht. Hoffnungen ruhen unter anderem auf Matthias Berger, dem Oberbürgermeister von Grimma, der kürzlich mit 100 Prozent zum Spitzenkandidaten gekürt wurde, oder dem bisherigen CDU-Landtagsabgeordneten Stephan Hösl, der unlängst aus Partei und Fraktion austrat und in seinem Wahlkreis im Vogtland nun für die Freien Wähler kandidiert.
Die Freien Wähler in Sachsen gelten als eine Art politischer Gemischtwarenladen. Der Stadtverband in Dresden um die Buchhändlerin Susanne Dagen ist stramm rechts ausgerichtet. Andernorts agiert man unauffälliger. Spitzenkandidat Berger indes pflegt einen gnadenlosen Populismus, indem er etwa die Bundesrepublik als »dysfunktionalen« Staat verächtlich macht. Seine abfälligen Äußerungen über Berufspolitiker könnten auch aus der AfD kommen. Wie sich seine Truppe zu dieser positioniert, ließ er schon vor der jetzigen Klarstellung bewusst offen: Man werde, sagte er, »vor der Wahl mit niemandem reden und nach der Wahl mit jedem«.
Ebenfalls gewählt wird im Herbst in Brandenburg. Dort sind die »Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen / Freie Wähler« (BVB/FW) bereits seit zehn Jahren im Landtag vertreten; aktuell stellen sie vier Abgeordnete. Eine Zusammenarbeit mit der AfD habe es dabei nie gegeben, sagte Péter Vida, der Landesvorsitzende und Sprecher der parlamentarischen Gruppe, auf nd-Anfrage: »Das haben wir stets so dokumentiert, und das werden wir auch weiter so handhaben.« Er betonte indes, dass die BVB/FW kein Teil der Bundesvereinigung Freie Wähler sind. Deren Parteitagsbeschluss hat für sie mithin keine Auswirkungen.
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